Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 147.jpg

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die Luft konnte, und legten sie hinein, daß man sie sehen konnte, schrieben auch mit goldenen Buchstaben ihren Namen und ihre Abstammung darauf, und Einer blieb jeden Tag zu Hause und bewachte den Sarg.

So lag Schneewittchen eine lange, lange Zeit im Sarge, und verwesete nicht, war auch so weiß wie Schnee, und so roth wie Blut, und wenn sie die Aeuglein hätte aufthun können, so wären sie so schwarz wie Ebenholz gewesen: denn sie lag da, als wenn sie schliefe.

Einmal kam ein junger Prinz, der sich auf der Jagd weithin verirret, und nun in dem Walde verspätet hatte, wo das Haus der Zwerge stand. Er trat hinein, um in demselben zu übernachten.

Als er nun in der Stube war, und Schneewittchen in dem gläsernen Sarge liegen sah, worauf die sieben Lichtlein so recht ihren Schein warfen, konnte er sich nicht satt an ihrer Schönheit sehen, und las die goldene Inschrift, und erfuhr nun, daß sie eine Königstochter wäre. Da bat er, sie möchten ihm denselben schenken, denn er könnte nicht leben, ohne sie zu sehen, er wolle sie so hoch halten und ehren, wie sein Liebstes auf der Welt. Da waren die Zwerge mitleidig, und gaben ihm den Sarg. Der Prinz aber ließ ihn in sein Schloß tragen, und auf seine Stube setzen; er selber saß den ganzen Tag dabei, und konnte die Augen nicht abwenden. Wenn er aber ausgehen mußte, und Schneewittchen nicht sehen konnte, so ward er traurig, konnte auch keinen Bissen essen, wenn der Sarg nicht neben ihm stand. Die Diener aber, die beständig den Sarg herumtragen mußten, waren unwillig darüber, und Einer hob einmal, als der Prinz nicht zu Hause war, den Sargdeckel auf, richtete Schneewittchen in die Höhe und sagte: „Um so eines todten Mädchens willen wird man den ganzen Tag gejagt und geplagt!“ und dabei gab ihr