Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 175.jpg

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ein großes Kindtaufen an, und bat alle Feen, die es im Lande gab, – und das waren sieben, – zu Gevattern, damit eine jede dem Kinde etwas zum Angebinde geben möchte, wie es damals Sitte war, und die kleine Prinzessinn dadurch alle mögliche Vollkommenheiten erhalte.

Als nun die Taufe vorbei war, begaben sich die Gäste in das Schloß des Königs, wo man ein glänzendes Fest zu Ehren der Feen angeordnet hatte. Für jede dieser mächtigen Wesen hatte der König bei ihrem Platze an der Tafel einen goldenen Teller und goldene Messer, Gabel und Löffel, mit Diamanten und Rubinen besetzt, hinlegen lassen.

Als man sich nun aber eben zur Tafel setzte, siehe! da öffnete sich die Thüre noch einmal, und eine alte Fee trat herein, die man vergessen hatte einzuladen, weil sie schon seit länger als funfzig Jahren aus dem Thurme, in welchem sie wohnte, nicht herausgekommen war, weswegen man glaubte, sie sey todt oder gar verzaubert. Zwar ließ der König, sie freundlich bewillkommend, ihr sogleich einen Platz an der Tafel einräumen; aber einen goldenen Teller, und ein goldenes Besteck, wie den andern Feen, konnte er ihr nicht geben, weil gerade nur sieben goldene Teller und Bestecke gemacht worden waren. Daher setzte man ihr drei silberne Teller hin, und die Königinn holte einen Strauß von Diamanten, und legte denselben vor ihre Teller. Die Fee schien hiermit nicht zufrieden zu seyn, denn sie hielt sich fälschlich für zurückgesetzt, und sagte dann recht unwillig und verdrießlich: „Ihr habt mich verachtet, weil Ihr mich nicht einmal eingeladen habt; ich verachte nun auch Euch und Eure Speisen und Diamanten, – ich brauche sie nicht; aber ich sage Euch, ehe Eure Tochter funfzehn Jahre alt seyn wird, soll sie sich mit einer Spindel in die Hand stechen, und todt hinfallen.“ Damit entfernte sie sich, ohne weiter Abschied zu nehmen.