Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 207.jpg

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er noch nie eine Jungfrau gesehen hatte. „Aber erst muß ich noch reisen und in der Welt mich umsehen; über Jahr und Tag komme ich wieder und dann wollen wir Hochzeit halten!“ sagte er. Darauf schnitt er noch aus den Drachenköpfen die sieben Zungen heraus, wickelte sie in ein Tuch und steckte das ein, dann nahm er Abschied von seiner Braut und zog mit seinen getreuen Thieren auf gut Glück in die weite Welt hinaus.

Sobald er fort war, nahm der Kutscher, welcher die Prinzessin zur Kapelle gefahren hatte und der sie jetzt auch wieder heimfahren sollte, die sieben Drachenköpfe in den Wagen und zwang unterwegs die Prinzessin durch Drohungen dazu, daß sie daheim sagen mußte, er habe den Drachen getödtet. Dem Drachentödter aber hatte der König schon lange seine einzige Tochter zur Gemahlin versprochen; deshalb wollte der Kutscher auch alsbald Hochzeit mit der Prinzessin halten; allein sie wußte bald unter diesem, bald unter jenem Vorwande es dahin zu bringen, daß die Hochzeit aufgeschoben wurde. So trieb sie es ein ganzes Jahr lang; dann mußte sie nachgeben und that es auch williger, weil sie hoffte, daß der rechte Bräutigam sich jetzt wohl wieder einstellen werde.

Und richtig, nachdem der Prinz sein Geld verzehrt hatte und das Jahr bald um war, hatte er sich auf den Weg zu seiner Braut gemacht. Da kam er in die Stadt, als eben noch ein einziger Tag an dem Jahre fehlte. In der Stadt aber gieng’s überall lustig und lebendig zu. Da fragte er den Wirth: „Was gibt’s denn hier? vor etwa einem Jahre

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_207.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)