Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 226.jpg

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weil Du hineingesehen hast!“ und schleppte sie hin, schnitt ihr den Hals ab und warf sie zu den übrigen Leichen.

Nicht lange darauf nahm der Mann einen andern Wagen und andre Pferde und kleidete sich ganz anders und fuhr abermals zu dem Müller und sagte: er habe gehört, daß er zwei so schöne Töchter habe, er möge ihm doch eine davon zur Frau geben. Der Müller entschloß sich schwer dazu, willigte aber doch ein, weil die Tochter Lust hatte, und ließ sie sogleich mitfahren und gab ihr eine reiche Aussteuer.

Dieser zweiten Frau ergieng es bald ebenso wie ihrer Schwester. Sie bekam immer ein Ei, wenn ihr Mann ausgieng, das sollte sie sorgfältig in der Hand tragen, und außerdem hatte er ihr verboten, ja niemals die eine Thür aufzumachen. Als sie aber dennoch eines Tags die Todtenkammer aufschloß und hineingieng, ließ sie vor Schrecken das Ei in einen Eimer mit Blut fallen, und eh sie es abwaschen konnte, war ihr Mann zurückgekommen und sah das Blut an dem Ei und sagte: „jetzt ist es aus mit Dir!“ und führte sie ebenfalls in die Kammer und schnitt ihr den Hals ab.

Der Räuberhauptmann aber wußte sich so geschickt zu verkleiden und zu verstellen, daß, als er jetzt zum dritten Male zu dem Müller kam und um die jüngste Tochter anhielt, der Müller ihn nicht wieder erkannte, sondern ihn für einen ganz anderen Menschen hielt. Mit vieler Mühe bekam er endlich auch die dritte Tochter und machte es mit dieser nun ebenso wie mit ihren beiden Schwestern. Er untersagte ihr streng, das eine Zimmer aufzuschließen und gab ihr, wenn er ausgieng, jedesmal ein Ei, das sie beständig

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_226.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)