Seite:Meier Volksmärchen aus Schwaben 264.jpg

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Ei, da war der König so froh, daß er seiner Tochter gelobte und versprach: „sie sollte nur sagen, welchen Mann sie gern haben möchte, den sollte sie bekommen.“ Da sagte sie: „keinen andern, als den Doktor, der mich geheilt hat.“ –

Nun erschrack der König zwar nicht wenig und hätte gern sein Wort zurückgenommen, wagte es aber doch nicht, weil er seine Tochter sehr lieb hatte. Deshalb sandte er Boten aus, die suchten den Doktor und brachten ihn zum König, und der verlobte ihn dann mit seiner Tochter, und nicht lange nachher war die Hochzeit; die beiden Leute aber waren so vergnügt und glücklich mit einander, daß es eine rechte Freude war, sie nur zu sehen.

Von den unermeßlichen Schätzen, die Bernhard sich gewünscht hatte, um als Prinz leben zu können, baute er sich zuerst ein prächtiges Schloß und daneben eine große Kirche, die man nach seinem Namen die Bernhardskirche nannte, und stiftete in dieselbe ein großes Kreuzbild von lauterm Golde; in eine verborgene Röhre dieses Bildes legte er die goldne Hahnenfeder, der er all sein Glück verdankte; denn er glaubte reich genug zu sein für sein Lebenlang und wollte zugleich die Wunschfeder beseitigen, weil er versprochen hatte, Niemanden etwas davon zu sagen. – Als später aber seine Gemahlin ihm keine Ruhe ließ und gar zu gern gewußt hätte, durch welche Mittel ihr Mann sie geheilt habe, da widerstand er endlich ihren Bitten nicht länger und sagte ihr Alles wie es gekommen, und nannte ihr auch den Ort, wo er die Feder verborgen hatte.

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Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Scheitlin, Stuttgart 1852, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meier_Volksm%C3%A4rchen_aus_Schwaben_264.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)