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Seite:Meyers Universum 1. Band 1. Auflage 1833.djvu/181

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XL. Cadix.




Nahe bei der Meerenge, welche, zwei Welttheile scheidend, die Gewässer des mittelländischen und atlantischen Oceans verbindet, an der Südküste Spaniens, trennt ein schmaler, aber tiefer Arm der See eine etwa 4 Stunden lange und halb so breite Uferstrecke vom festen Lande. Dieses kleine Eiland ist die Insel Leon. Aus der Westseite derselben streckt eine schmale Landzunge in nördlich gekrümmter Richtung drei Stunden weit sich in das Meer hinaus, eine der schönsten Bayen und den besten Hafen der Erde bildend. An ihrem Ende wird jene Erdzunge breit und sie erhebt sich als ein Fels 60–80 Fuß über die Fluthen. Dieser, dessen nördlicher Theil senkrecht und unersteiglich zu dem Meere hinab fällt, und dessen Südseite mit einem schützenden Doppel-Halbkreis von kaum den Wasserspiegel erreichenden Klippen umgeben ist, trägt die einst reichste Handelsstadt der Welt, und noch jetzt eine der bedeutendsten und schönsten Spaniens – das uralte Cadix.

Seine Erbauer waren die Phönizier, Colonisten aus Tyrus, die die Wichtigkeit seiner Lage, an der Pforte zweier Meere, für ihre Handelszwecke, als sie die Säulen des Herkules umschifft hatten, bald bemerkten. Noch jetzt sieht man bei ruhigem Wasser in der See die Trümmer des Herkulestempels und der Häuser des alten Gades, dessen Baustelle im Laufe der Jahrtausende Beute der rastlos anstürmenden Wogen geworden zu seyn scheint. Nach dem Untergange des Mutterstaates besaßen es die Carthaginenser, dann die Römer. Zu allen Zeiten der Weltherrschaft dieses Volks war es ein Mittelpunkt des Handels für den Europäischen Westen. In der Folge bemeisterten sich die Araber des wichtigen Orts, unter deren Herrschaft er einen hohen Wohlstand erreichte. 1260 wurde er durch die Spanier eingenommen. In deren Besitz ist er seitdem geblieben.

Die große Zeit für Cadix datirt vom siebzehnten Jahrhundert und hat in jener wichtigen Epoche ihren Ursprung, mit der, in dem 15ten und zu Anfang des 16ten Jahrhunderts, eine neue Laufbahn für die Menschheit überhaupt begonnen hat. Als sich der Mensch mit dem Donner und dem Blitze des Himmels bewaffnete, kam die Kraft in die Hände Derer, welche an der Spitze der Staaten standen; die rohe Gewalt der Einzelnen, welche der Ordnung, der Ruhe und dem Frieden entgegen gewirkt, wurde gebrochen; das Faustrecht für immer zerstört. Kunst und Gewerbfleiß nahmen überall zu unter dem Schirm des Friedens. Wohlhabenheit, die Mutter des Verbrauchs fremder Erzeugnisse, die Pflegerin des Handels, kehrte ein in das Haus des Bürgers. Kanonendonner aber war ein würdiges Präludium für die Erfindung jener Kunst, welche den geschriebenen Gedanken beflügelt, so daß er in den Seelen von Millionen wiederhallt und an’s fernste