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Seite:Meyers Universum 1. Band 1. Auflage 1833.djvu/195

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XLIII. Malta – La Valetta.




Aus des mittelländischen Meeres weitem Becken, zwischen Sicilien und Afrika, erheben sich, dicht nebeneinander, drei mit steilen, großentheils unzugänglichen Felsengestaden umgürtete Inseln. Die südlichste, und zugleich die größte, ist Malta; Gozzo und Comino heißen die kleinern. Diese Eilande waren ursprünglich unfruchtbare, von Vegetation fast ganz entblößte, nackte Felsen; die wunderthätige Kraft des menschlichen Fleißes hat sie in die fruchtbarsten, reizendsten Gärten umgeschaffen, und sie in den bevölkertsten Fleck auf der Erde verwandelt. Jeder Zollbreit Boden ist hier benutzt. Die Oberfläche der Felsen hat man zerschlagen und geebnet, Erde von Sicilien und Afrika geholt und aufgeschüttet, die so gewonnenen Felder mit Mauern vor dem Wegspülen geschützt; – beispiellos war die Anstrengung, beispiellos auch der Erfolg. Es bringen diese Felsen jetzt alle Erzeugnisse des südlichen Europa’s und Nordafrika’s, Obst, Gemüße, Baumwolle, Zuckerrohr in größter Vollkommenheit hervor. Getreide gedeiht vortrefflich; indeß reicht es nicht hin für die dichte Bevölkerung, und das Fehlende wird aus Sicilien eingeführt. Die Südfrüchte sind so köstlich, daß sie selbst nach Genua und Livorno, also dahin verfahren werden, wo sie in großer Güte wachsen. Von dem herrlichsten Klima begünstigt, – es friert hier nie und kühlende Seewinde schützen vor allzu großer Hitze – blühen selbst die Blumen hier weit geruchreicher und üppiger als in Europa; die Rosen von Malta waren schon im Alterthum berühmt. An Waldungen fehlt es; aber ihr Mangel wird wenig gefühlt, denn selbst im strengsten Winter weht hier Frühlingsluft, und Zimmerheizung ist ein unbekanntes Bedürfniß. Bauholz aber führt man von der afrikanischen und sicilischen Küste reichlich herbei. Die Einwohnerzahl auf den 3 Inseln übersteigt gegenwärtig 120,000, wovon 95,000 auf Malta kommen; gewiß eine ungeheuere Zahl für einen Raum von nicht ganz 8 Geviertmeilen und die Bevölkerung Deutschlands und Frankreichs an Dichtigkeit fünfmal übertreffend.

Die Colonisirung dieser einsamen Eilande reicht in die graueste Frühzeit der Geschichte. Ihre vortheilhafte Lage für den Handel im Mittelpunkt der das mittelländische Meer begrenzenden Länder veranlaßte schon 1400 Jahre vor unserer Zeitrechnung Kaufleute aus Tyrus, auf ihnen Faktoreien und Niederlagen zu gründen, von wo aus sie die Küstenmärkte Afrika’s und Sicilien’s versorgten. Aehnlicher Handelszwecke wegen ließen sich später Griechen, besonders Ionier hier nieder. Unter Carthago’s Herrschaft, 400 Jahre vor Christo, hob sich Cultur und Bevölkerung