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Seite:Meyers Universum 1. Band 1. Auflage 1833.djvu/197

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für adeliche Müßiggänger, die keine andere ritterliche Probe zu bestehen hatten als – die Ahnenprobe. So ausgeartet traf den Orden der Sturm der französischen Revolution. Er, vor dem so vieles Morsche und Veraltete in Trümmer fiel, stürzte auch diesen hohlen Baum nieder. Die großen Besitzungen des Ordens in Frankreich wurden Nationalgut. Die in Deutschland, Ungarn, Italien, Spanien fielen etwas später, bei günstiger Gelegenheit, den Fürsten zur Beute; den Hauptsitz selbst, Malta, nahm 1798 Bonaparte, auf seinem Zuge nach Egypten, verrätherischer Weise ohne Widerstand weg; er vertrieb die Ritter, die seitdem und bis auf die neueste Zeit, mehrmals versucht haben, wieder einen Vereinigungspunkt (in Catania in Sicilien, in Ferrara, in Spanien etc.) zu finden. – Bonaparte ließ in Malta eine starke Besatzung zurück; aber schon 1800 mußte sie sich, völlig ausgehungert, der belagernden englischen Flotte ergeben, und der brittische Dreizack wurde im Besitz der Inselgruppe durch den Pariser Frieden von 1814 bestätigt. Jetzt ist Malta (mit Gibraltar und den Ionischen Inseln) der Hauptpfeiler, auf den sich die stolze Herrschaft der Engländer im Mittelländischen Meere stützt. – Es ist der Schutz- und Sammelplatz seiner Flotten in diesen Gewässern, und auf den unbezwinglichen Felsen hat es die unermeßlichen Vorräthe an Waffen, Munition und Mundbedarf aufgespeichert, welche es zur nachdrücklichen Führung eines Krieges, wenn ein solcher in diesen Gegenden je nöthig würde, bedarf. Es unterhält eine Besatzung von 6000 Mann Kerntruppen, welche, vereint mit den Garnisonen in Gibraltar und Corfu, ein kampffertiges Heer von 20,000 Mann abgeben, das auf irgend einem Punkte der Küsten des Schwarzen und Mittelländischen Meeres zu jeder Zeit auf Englands Wink gegenwärtig seyn kann – eine Macht, groß genug, um das Gewicht des brittischen Einflusses im Orient und im Süden von Europa bei allen bedeutenden Fragen geltend zu machen. –

La Valetta, auf einer zwischen 2 geräumigen Häfen sich hinstreckenden Landzunge, gewährt von der Seeseite mit ihren vielen Pallästen und prächtigen Kirchen einen herrlichen Anblick. Malerisch erheben sich vom hohen Gestade hinter den unabsehbaren Batterien und Wällen die Reihen der Gebäude terrassenartig über einander bis zum Gipfel des Felsens. Hie und da sieht man zwischen den glänzenden stattlichen Wohnungen düstergrau das Gemäuer eines alten Werks zur Abwehr hervorragen, oder das dunkle Gestein einer Felswand. Rechts und links an den Eingängen beider Häfen steigen zu deren Schutz die bombenfesten Werke der Forts St. Elmo, Manuel und St. Angelo empor, drohenden Riesen gleich, deren Fuß auf dem Boden des Oceans zu ruhen scheint; und wirklich sind mehre Vertheidigungswerke auf Unterlagen von ungeheuern Felsblöcken errichtet, welche man zu Hunderten in die Tiefe gesenkt hat. Von der Landseite wird die Stadt, am schmalsten Ende der Landzunge, durch die uneinnehmbaren Werke des Forts Tigne vertheidigt, mit welchen noch andere, die sich über die benachbarten Höhen hinziehen, in Verbindung stehen.

Das Innere der Stadt, welche jetzt in etwa 3500 Häusern 32,000 Einwohner zählt, ist schön zu nennen; die