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Seite:Meyers Universum 3. Band 1836.djvu/155

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In diesem schauervollen Raume, wo einst das Blut der beknechteten Nationen in Strömen dampfte, und das bestialische Freudengeschrei der Zuschauer hallte, wenn Christen von Löwen und Panthern zerrissen wurden, hört man jetzt nichts, als das Gebell des Hundes des alten Einsiedlers, der diese Trümmer hütet, oder an Festtagen das Glöckchen des messelesenden Kapuziners; denn rings im Innern der Arena sind Bußaltäre aufgerichtet, und über jedem hängt eine kleine Glocke, welche die Vorübergehenden, oder die das Colosseum Besuchenden zur Theilnahme am Gebete einladet. – Wie wunderbar knüpft sich hier die heidnische Vergangenheit mit der christlichen Gegenwart zusammen! Und welcher Stoff zu Betrachtungen!

Unser schönes Bild gibt die Aussicht vom Bogen des Titus, quer über das Forum hinüber nach den herrlichen Trümmern des Concordientempels, dessen Portikus mit sieben aufrecht stehenden Marmorsäulen eine der schönsten und pittoreskesten Bautrümmer Roms bildet. Die dreisäulige Ruine rechts gehörte mit ihren am Boden liegenden Fragmenten zu einem Tempel des donnernden Jupiters, den Augustus an der Stelle aufrichten ließ, auf der während eines Gewitters einer seiner Begleiter vom Blitz erschlagen wurde. Alle diese Trümmer bestehen ganz aus Marmor. Sie waren noch vor wenigen Jahren bis zur Hälfte ihrer Höhe in Schutt begraben. Jetzt sind sie bis zur Base von demselben gereinigt, und auch der Marmorboden der Triumphatorenstraße, auf welchem 20 Fuß tiefer Staub einer fünfzehnhundertjährigen Zerstörung lag, ist gänzlich aufgedeckt worden.




CXXIII. Das Antonius-Kloster auf dem Libanon.




Auf hohen Bergen werden unsere Betrachtungen hehr, erhaben, angemessen den großen Gegenständen, die durch das Auge auf uns wirken, und sie sind mit einer unnennbar stillen Freudigkeit verbunden, die nichts Herbes und nichts Sinnliches hat. Die gemeinen und irdischen Empfindungen bleiben zurück in dem Maaße, als man sich über die Wohnungen der Menschen erhebt. Darum suchte der Schmerz und der Kummer von jeher so gern Erleichterung und Trost auf den Höhen. Schon die Bibel erzählt, daß große Unglückliche, David, die Propheten, der Heiland selbst, sich in den Tagen der Trübsal in die Gebirge zurückzogen. „Ich will auf die Berge steigen“ sagt Jeremias, „um zu weinen und zu klagen“ und auf dem Oelberge trank Jesus Christus den Kelch der Schmerzen.