Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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zurollt, über welche er in den Abgrund donnert. – Die Insel in der Mitte des Stroms ist die Ziegeninsel, (Goatsisland), zu der ein Steg führt und wo seit ein paar Jahren ein Würtemberger eine Wirthschaft unterhält, welche bei der Menge seines Zuspruchs den Mann reich macht. Furchtbar-herrlich ist von diesem Punkte die Aussicht stromauf- wie abwärts. –
Im Lande Samaria zieht sich vom Jordanthale her ein breiter Bergrücken dem Mittelländischen Meere zu und bildet dort, weit in den Ocean hinaustretend, das höchste Vorgebirge der ganzen syrischen Küste. Dies ist der Berg Carmel, durch seine Erinnerungen aus alt-testamentarischer Zeit einer der merkwürdigsten Orte der Erde. Hier hausten und lehrten mehre Propheten; hier stand Elias, als er in schrecklicher Dürre um Regen betete und die Wolken (nach der Ueberlieferung) aus dem Meere steigen sah. – Der Gipfel ist etwa 1500 Fuß hoch und bildet ein Plateau von mehren Stunden im Umfang. Er ist mit Fichten und Eichen bewachsen, und die schönsten Zierblumen unserer Gärten: Hyazinthen, Narzissen, Jonquillen und Anemonen wachsen auf demselben wild. Auf diesen Reichthum der Flora spielt Jesaias an, wenn er sagt: „die Wüste wird blühen; denn die Herrlichkeit des Libanon’s ist ihr gegeben, der Schmuck Carmels.“ – Eine Menge krystallheller Bäche entspringen auf dem Berge, deren größter aus dem Eliasbrunnen strömt und, von Felsen zu Felsen fallend, in dicht bebuschten Ufern dem Kischron zueilt, welcher am Fuße des Berges in den Ocean fällt. – Die Seiten des Carmels sind, dem Meere zu, fast senkrecht und steigen aus den Fluthen wie eine Mauer empor, aus der Felsenblöcke in wunderbaren Gestalten zwischen struppichtem Buschwerk schauerlich hervortreten. Im obern Theil des Bergs befinden sich eine Menge Höhlen, seit urältester Zeit der Aufenthalt von Einsiedlern, jetzt aber größtentheils verlassen, oder die Zuflucht wilder Ziegen und der Raubthiere. In der sogenannten Höhle der „Ordensbrüder“ sieht man noch über 400 abgesonderte Zellen, jede mit einer kleinen Fensteröffnung in’s Freie. Eine große Felsengrotte heißt die Schule des Elias. Hier versammelte
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/17&oldid=- (Version vom 18.7.2024)