Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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In dieser gefahrvollen Zeit war Syrakus nicht in der Lage, um von seinen Kräften zur Befreiung Siciliens[WS 1] von den Carthagern rechten Gebrauch zu machen. Im Innern der Stadt brannte das Feuer der Zwietracht; das leicht bewegliche Volk wogte steuerlos, dem Sturme der Leidenschaften, den Parteien und arglistigen und herrschsüchtigen Menschen, die nach der obersten Gewalt strebten, ein Spiel. Die edelsten Männer, welche die einbrechende Anarchie zu hemmen und die mißleitete Masse über die Pläne ihrer Aufwiegler und Häuptlinge aufzuklären suchten, fielen als Opfer ihres Muthes. – Hermokrates, der Held, welcher für Syrakus viele Schlachten gewonnen hatte, wurde in einem Volksauflauf erschlagen, mit ihm viele der Besten. Die Gährung warf die Schlechtesten nach Oben und der niedrigste Pöbel schickte seine Coryphäen an die Spitze der Geschäfte. Dionysius, eines gemeinen Fischers Sohn, ein Mann von großen Talenten und der unbändigsten Ehrsucht, ausgestattet mit allen Eigenschaften, um die Massen zu verführen und zu beherrschen, bahnte sich (406 v. Chr.) durch Verrath und Gewalt den Weg zum Throne.
Kaum sah sich Dionys im Besitz der obersten Macht, so schlug er mit eiserner Faust die Parteien nieder, tilgte aus, was sich nicht sklavisch beugen mochte und hielt durch Schrecken die unbändigen Leidenschaften im Zügel. Gegen ihn wälzte sich jetzt der Carthager Macht. Es wurde mit abwechselndem Erfolg, auf beiden Seiten mit beharrlicher Tapferkeit gestritten. Dreimal wurde Friede geschlossen zwischen den erschöpften Streitern, – dreimal entsendete Carthago neue Heere, ihn zu brechen, – dreimal zogen aus Syrakus Hunderttausende, sie zu bekämpfen. Ueber fünfzig blühende Städte wurden in diesem Kriege zertrümmert, 2 Millionen Menschen kamen um, und die unermeßliche Metropole sah sich zu Ende des Kriegs so entvölkert, daß die Heerden in ihren Straßen weideten. Aber Dionys, im Ganzen glücklich und glorreich in der Schlacht, behauptete sich auf dem Throne, dessen er nie froh wurde. Unablässig von Mißtrauen und Furcht gequält, immer von Aufruhr geängstigt, keines Menschen Freund, starb der grausame, verbrecherische, jedoch, wie so mancher Tyrann späterer Zeiten, den Künsten und Wissenschaften aus Eitelkeit günstige Fürst, vergiftet. – Möchte es allen Despoten so ergehen!
Ihm folgte Dionys II., sein Sohn, unter der Leitung des Dion, eines Mannes von großen Gaben und Freund des Plato, welcher mit an den Hof berufen wurde. – Aber bald wurden diese beiden dem jungen Fürsten verdächtig; er entfernte sie und herrschte auf die Weise seines Vaters fort mit Henkerbeil und Dolch. Die Carthager erneuerten den Krieg und das auf’s äußerste gebrachte Syrakus schickte nach Griechenland um Hülfe gegen den innern und äußern Feind. Corinth, die Mutterstadt, gewährte und sandte ein Heer, nicht groß durch seine Zahl, aber furchtbar durch seinen Muth und die Talente seines Feldherrn Timoleon. Diesem gelang mit Hülfe des aufgestandenen Volks die Vertreibung des Wütherichs. Darauf richtete er die Republik wieder auf und zog an der Spitze von 60,000 Streitern den Carthagern entgegen. Am Krimissus kam es zur entscheidenden Schlacht. Sie war vernichtend für das Heer Carthago’s
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Sciliens
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/24&oldid=- (Version vom 22.7.2024)