Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band | |
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Großes Verdienst würdig zu ehren, große Männer und ihre Thaten auch großartig zu belohnen, war von jeher der stolzen Britannia Ruhm. Freigebig reicht das englische Volk seinen Heroen im Kriege, im Rathe, in der Kunst und in der Wissenschaft, den Männern auch, welche durch Erfindungen und Unternehmungsgeist Handel und Gewerbe einer höheren Entwickelung zuführen und neue Quellen des Nationalwohlstandes öffnen, alle Güter des Lebens hin, die es verleihen kann. Für Sein Auge, das nur das Größte der Aufmerksamkeit würdigt, gibt es keinen Unterschied der Geburt, und, während die untergeordneten Stellen in der Verwaltung, die Pfründen der Kirche, die Hofcharchen und Sinekuren Beute des Adels sind, werden die erhabensten Stufen überall nur dem höchsten Talente, dem höchsten Verdienste zum Preis. Für den Sitz im Kabinet des Königs und im Rathe der Nation, für den Befehl über Armeen und Flotten, für die Präsidentschaft in den obern Gerichtshöfen und in den Akademien ist der talentvolle Sohn des Hirten ein ganz so ebenbürtiger Bewerber, wie der talentvolle Sohn des Herzogs. So in England. – Wohl pflegt man zu sagen, es wäre in den meisten Staaten nicht anders. Aber nehme ich wenige aus, so ist’s bis zur Stunde doch nur Schein überall, und gewiß wird die Lüge, prange sie auch mit goldener Schrift auf Pergamenten, niemals zur Wahrheit.
Unter den großen Männern Britanniens, welche wahres Verdienst erhob, und nationale Anerkennung lohnete, nimmt John Curchill, nachmals Herzog von Marlborough, einen erhabenen Platz ein. – Von obscurer Herkunft, stieg er unter der Regierung Jakob’s II., Wilhelms von Oranien, und der Königin Anna im brittischen Heere vom niedrigsten Grade durch Tapferkeit und Talent bis zum Feldherrn der ganzen brittischen Heeresmacht und zum Rathe des Königs empor. Im spanischen Erbfolgekriege führte er den Oberbefehl über die verbündeten Heere Englands, Deutschlands und der Niederlande, und in dem immer denkwürdigen Entscheidungssiege bei Hochstädt und Blenheim (13. August 1704) zerrann Ludwigs XIV. Kriegsglück wie das Napoleons nach der Leipziger Schlacht. – Wegen dieses Sieges, welcher den Ruhm brittischer Waffen und brittischer Tapferkeit durch die Welt trug, verlieh ihm die brittische Nation Titel und Rang eines Herzogs, dem sie das unermeßliche Geschenk eines 6 Quadratmeilen großen Gütercomplexes hinzufügte. Als Baronie Blenheim war dasselbe bestimmt, unveräußerlich auf seine Nachkommen überzugehen. In der Mitte dieser Besitzung ließ die Nation, dem Helden zur Wohnung, einen Pallast aufrichten, gleich außerordentlich an Glanz und Größe, und ihn ausschmücken mit den kostbarsten Schätzen der Kunst. Auch befahl sie, einen Park zu pflanzen, wie noch keiner gesehen, zehn Stunden im
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam und New York 1836, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_3._Band_1836.djvu/73&oldid=- (Version vom 29.7.2024)