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Seite:Meyers Universum 4. Band 1837.djvu/141

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CLXVII. Sevilla: der goldene Thurm.




In jeder Epoche der spanischen Geschichte macht sich Sevilla mit Auszeichnung bemerklich; bald im Kronenglanze eines weltlichen Reichs, bald im Heiligenscheine der kirchlichen Macht, bald als Schauplatz großer Begebenheiten und folgenreicher Thaten. Das Elend der Gegenwart, das Alles nivellirende, hüllt zwar auch sie in Trauer; indessen auch im Wittwenschleier der Vergangenheit ist Sevilla unter Spanien’s Städten noch eine der erhabensten Gestalten.

Hoher, ritterlicher Geist, Erbe des griechischen Heros, der die Stadt gegründet, wohnte hier von jeher, und blieb durch jeden Wechsel der Zeiten und der Herrschaft. Römische und arabische Dichter haben ihn besungen, und die neuere Geschichte füllt mit seinen Thaten einige ihrer interessantesten Blätter.

Sevilla liegt im Schooße einer weiten, fast unbegränzten Ebene, zu beiden Seiten des Guadalquivir, der früher die größten Seeschiffe bis Cordova hinauf trug. Die Stadt ist umgeben (nicht geschützt) durch eine Doppelreihe eingesunkener Wälle, von fast dreistündigem Umfange. Ueber dem Hauptthore steht die goldene Inschrift:

CONDIDIT ALCIDES, RENOVAVIT JULIUS URBEM
RESTITUIT CHRISTO FERNANDUS TERTIUS, HEROS
[1].

Unter der Herrschaft der Mauren hatte Sevilla seine goldene Zeit, und das spanische Sprüchwort:

„Quien no ha visto Sevilla,[2]
No ha visto Maravilla.“

deutet auf seine damalige Pracht. Noch im 15. Jahrhundert zählte es mehr Einwohner als gegenwärtig Paris, und zwanzig Stunden im Umkreise war die Gegend, die jetzt eine Wildniß ist, ein großer Garten, in dem Haine von


  1. Vom Alciden gegründet, wieder aufgebaut vom Julius,
    Wieder erobert für Christus vom Heros Ferdinand dem Dritten.
  2. Wer Sevilla nicht sah, hat das Wunder nicht gesehen.