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Seite:Meyers Universum 5. Band 1838.djvu/204

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Cathedrale zu einem Museum, dem alle Künste ihren Tribut dargebracht haben. Nach Art der maurischen Moscheen ist der Haupteingang mit einem Hofe umgeben, um welchen Springbrunnen unter Orangenbäumen plätschern. Eine Art Porta triumphalis führt in diesen Vorhof, und sie, ein tausendjähriges Werk, ist noch so vollkommen erhalten, als wäre sie vor einem Jahrhundert erbaut. Sie heißt die Pforte der Vergebung. Durch sie gingen die maurischen Könige, wenn sie die Moschee besuchten.

Aber der schönste Schmuck der Cathedrale ist der 400 Fuß hohe maurische Glockenthurm, der unter dem Namen der Giralda als der höchste und schönste in ganz Spanien berühmt ist.

Die Aussicht von der Höhe der Giralda ist unermeßlich, und kein Fremder kommt nach Sevilla, ohne ihn zu ersteigen und jene zu genießen.




CCXXX. Schloss Neuhaus bei Passau.




–„[1] In Passau miethete ich einen Nachen, um dem Dampfschiffe, das erst den andern Morgen abfuhr, eine Strecke vorauszueilen, und die herrlichen Ufer mit mehr Muße und Genuß zu betrachten. Unbeschreiblich groß ist die Ansicht am Vereinigungspunkt der Iltz und des Inn, beides mächtige Ströme, welche die mütterliche Donau von entgegengesetzten Seiten fast zugleich umarmt. Oberhaus, die hochragende Passauer Veste, krönt die Landschaft. Wehmüthig winkte ich stille Grüße den Freunden hinauf und erflehte vom König der Könige das baldige Kommen einer ersehnten Stunde! Schlug sie ja doch im Nachbarlande kürzlich Vielen so ungeahnet, dachte ich, und – wenigstens für den Augenblick – verwandelte sich der heiße Wunsch in den tröstenden Glauben. – – Vor Engelhardtszell verläßt man Bayerns Gebiet. Den österreichischen Doppeladler grüßte ich heute in brünstiger und gerührter Stimmung. Mir war’s wirklich, als sähe er so menschlich und gütig aus neben dem Zähringer Löwen! – – In Engelhardtszell ließ ich meinen Paß zum Visiren und meinen Mantelsack zum Verzollen, und ging inzwischen in die Kirche, welche sehenswerthe Gemälde schmücken. – Von hier aus entfaltet sich die Landschaft mit immer größern Reizen; die Schlösser und Burgen Ranariedl, Mosbach, Waldkirchen und Hayenstein blicken, bald rechts, bald links, von Felsen und bewaldeten Höhen in den Strom hinab; am herrlichsten aber macht sich Neuhaus, der


  1. Fragment aus einem Briefe.
Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/204&oldid=- (Version vom 3.11.2024)