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Seite:Meyers Universum 6. Band 1839.djvu/148

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silbernen Ornamenten und Wappenschildern. Hier ruhen die Gebeine aller spanischen Monarchen seit Philipp II. Viele der Särge sind noch leer. – Werden sie jemals alle ihre Bestimmung erfüllen? – –

Das prächtigste aber ist die Todtenkapelle, von der großen Rotunda durch ein silbernes Gitter geschieden. Alles, was Kunst und Kostbarkeit des Stoffs, vereint, Schönes hervorbringen konnten, ist da zu sehen. Die Zierrathen und alle Statuen sind von Gold oder von Silber. Das Kruzifix auf dem Altare ist eine Mosaik aus strahlenden Diamanten. Den gesammten Kirchenschatz an Gold, Silber und Juwelen schätzte man noch vor 10 Jahren auf 14 Millionen Piaster. Ob er sich noch unangetastet vorfindet, oder ob die Revolution einen Theil desselben schon verschlungen hat, ist nicht bekannt geworden. Beute derselben wird er seiner Zeit gewiß.

Das Eskurial ist auch berühmt wegen seiner Bibliothek, deren handschriftliche Schätze nur zum Theil durchforscht und bekannt geworden sind; nicht minder wegen seiner Gemälde. In den königl. Zimmern und in der Hauptkirche hängen über 2600 Bilder, meistens Werke vom großen Kunstwerthe. Zu früherer Zeit wurde im Schlosse, obschon oft viele Jahre vergingen, ehe der Monarch das Eskurial nur einmal besuchte, eine königliche Dienerschaft von 1500 Personen unterhalten; aber die Noth des Staates hat so unsinniger Fürstenverschwendung längst ein Ziel gesteckt. Jetzt sind das Domcapitel mit dem Erzbischof, die Professoren und die Schüler des theolog. Seminars, die Inspektoren der Kunst- und Literatur-Schätze, und eine kleine Anzahl invalider königl. Diener die einzigen Bewohner des ungeheuern Gebäudes und Todenstille waltet in den meisten seiner prunkvollen Räume[1]




  1. Der ausführlichste Beschreiber des Eskurials, Francisco de Los Santos, hat berechnet, daß der Weg durch alle Zimmer und Räume des Palastes eine Länge von 22 geographischen Meilen habe, und ein tüchtiger Fußgänger 4 volle Tage bazu brauche. Alvarez de Rosa gibt die Zahl der Fenster auf 30,000, die der Thüren zu 11,000 an.
Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/148&oldid=- (Version vom 5.10.2024)