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Seite:Meyers Universum 6. Band 1839.djvu/152

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Wirthschaft, ein Lieblingsplätzchen der Dresdner. Unter immer wechselnden Ansichten kommt man, an mehren Mühlen vorbei, bis Potschappel, wo der Grund freier wird und sich erheitert. Potschappel hat das Ansehen eines englischen Dorfs in der Nähe von New-Castle. Die hohen Rauchfänge der Dampfmaschinen, welche die Grubenwasser der Kohlenbergwerke gewältigen, ihr unheimliches Getöse, das emsige Gewühl mehrer hundert rußigen Gestalten, das Gedränge der Wagen an den Ladungsplätzen, alles das gibt ein Bild, welches mit dem ruhigen, stillen, einsamen Charakter der Natur im frappanten Widerspruch steht. Oefters ziehen die Wagen als unabsehbare Reihe auf- und abwärts das Thal hin und der Widerhall der knallenden Peitschen ihrer Führer macht ein Echo einzig in seiner Art. – Döhlen, der nächste Ort hinter Potschappel, liegt gar freundlich in einer Weitung des Thals; aber hinter dem Dorfe verengt sich’s von neuem, zumal dort, wo die Weiseritz aus der Vereinigung zweier tosenden Waldbäche entsteht. In der Nähe macht ein schroffer und überhängender Fels eine Grotte, das Riesenbette genannt. Immer mehr zieht sich das Thal zusammen, endlich so sehr, daß zwischen dem Wege und dem reißenden Waldstrome keine Handbreit Raum bleibt. Zu beiden Seiten heben sich Tannen über einander, nackte Klippen ragen dazwischen hervor, und nichts Lebendiges begegnet, als die schwarzen Gestalten der Kohlenkärrner und der Bergleute. Noch einmal wechselt die Szene. Wo sich der Grund rechts umbiegt, thut er sich plötzlich auf und im Hintergrunde liegt das schöne Tharand, überragt von seiner malerischen Ruine.

Tharand ist gut gebaut und zählt unter seinen 1500 Einwohnern viele reiche und gebildete Familien. Ein Bad, eine Forstacademie, die beste Deutschlands, geben dem Städtchen eine ganz ungewöhnliche Lebendigkeit. Seine Lage ist sehr reizend im Mittelpunkte dreier Thäler, die der Weiseritz, der wilden Weiseritz und des Schleitzbachs. Jedes hat eigenthümliche Naturschönheiten, deren Genuß im Sommer immer zahlreiche Besucher, besonders Dresdner, herbeilockt.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/152&oldid=- (Version vom 7.10.2024)