Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band | |
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Gänge rollt. Endlich sehen wir uns in einer großen, einer Kirche ähnlichen Weitung. Bergvesten tragen ihre Decke; an ihren Wänden flackern Fackeln und Grubenlichter in großer Menge, und menschliche Wesen bewegen sich hin und her. Oben, unten, an der Decke und an den Seiten, überall klingen Schlägel und Eisen, oder schroten Bohrer, welche Batterieen zum Sprengen vorrichten. Die Erze, welche hier brechen, sind keineswegs reich; aber ihre Menge vergütet, was sie an Haltigkeit entbehren, reichlich. Noch stehen wir und staunen, ob des wunderbaren Pandämoniums. Da kommt unversehens eine Schaar alter Weiber auf uns zugesprungen, Wesen, wilder als Furien und häßlicher als Teufel. Wir haben nicht Zeit, die kothigen Gorgonengestalten zu betrachten; denn sie fahren uns mit flackernden Kienspänen in’s Gesicht, unser Führer nimmt Reißaus, und im wilden Durcheinander flüchten wir in die enge Strecke zurück, aus der wir eben gekommen waren. Es war die höchste Zeit; denn kaum sind wir an sicherm Ort, so erfolgt ein Donnerschlag, der die Erdveste unter unsern Füßen erzittern macht und ein ganzer Fels stürzt, unfern der Stelle, wo wir gestanden, aus der Höhe mit furchtbarem Krachen herab. Man hatte nämlich eben eine Batterie angezündet, als wir eingetreten; und ob des chaotischen Lärmens hatten wir den Warnungsruf nicht gehört. Ohne jene häßlichen Schutzengel würde uns die tückische Atropos den Lebensfaden abgeschnitten haben.
Der Leser wird mir zu gute halten, daß ich es Jedem selbst überlasse, die Aengsten und Wehen der Ausfahrt sich so schlimm zu denken, als er mag. Auch die Freude, nach einer solchen Tour wieder das helle Tageslicht zu schauen, frische Luft einzuathmen und sich an der Sonne zu wärmen, läßt sich besser empfinden, als mit Worten ausmalen. –
– Der Kupferbergbau Schwedens blüht seit vielen Jahrhunderten. Er hat im Kreise Falun seinen Hauptsitz, beschäftigt über 5000 Menschen und liefert jährlich über 17,000 Zentner Metall zur Ausfuhr, welches meistens zu Schiffböden verarbeitet wird. Reiche Erze brechen in verhältnißmäßig sehr geringer Menge; ihr Durchschnittsgehalt ist nicht über 2½ Pfund Kupfer im Zentner und ehedem konnten, bei der Wohlfeilheit des Holzes, selbst noch ärmere mit Vortheil verschmolzen werden. Aber seit einigen Jahren werden die Klagen über Holzmangel auch dort häufig, viele Grubenreviere empfinden das Nachtheilige dieses Verhältnisses, und mancher sonst sehr austrägliche Bau kam schon zum Erliegen. Die Noth wird auch hier die Mutter und Erfinderin des Guten seyn und Schweden lehren, die Schätze fossilen Brennmaterials aufzusuchen und zu benutzen, über deren Daseyn und große Verbreitung in jenem Lande kein Zweifel obwaltet.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/30&oldid=- (Version vom 11.11.2024)