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Seite:Meyers Universum 6. Band 1839.djvu/48

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Söhne, deren Nachkommenschaft als Greizische, Geraische, Weidaische und Plauensche Linien einige Jahrhunderte lang fortblüheten. Allmählich erloschen solche bis auf die letztere, aus welcher, 1535, durch eine neue Theilung unter drei Brüder, die ältere, mittlere und jüngere Linie entstanden. Die mittlere dauerte nur bis 1616; die andern beiden aber bis 1824, wo auch die ältere im Mannsstamme ausging, so daß blos die jüngere in zwei Zweigen, als Schleizische und Ebersdorfs-Lobensteinische, noch gegenwärtig fortlebt. In den ältesten Zeiten führte dieses Fürstengeschlecht den prunklosen Namen: Reuß, Voigt und Herr zu Plauen, obschon es sich einerlei Ursprungs mit dem Luxemburgischen Hause rühmte, das dem Reiche in Heinrich VII., Karl IV., Wenzel und Sigismund Kaiser gab. Als ein Zweig der Familie, 1426, zur sächsischen Churfürstenwürde gelangte, in der er sich bis zu seinem Absterben, 1572, behauptete, kam der Familie die Reichsfürstenwürde zu; sie sprach sie aber nicht an. Erst lange nachher legte sie sich den Grafentitel bei, wurde durch Reichstagsbeschluß 1790 in den Fürstenstand erhoben, 1807, mit vollem Genuß der Souverainität, in den Rheinbund aufgenommen, und seit 1815 reiht sie sich den deutschen Bundesfürsten an, in deren engerm Rathe das Gesammthaus, mit Hohenzollern, Lichtenstein, Waldeck, Lippe-Detmold und Schaumburg-Lippe die 16te Stimme repräsentirt. Zufolge eines 8 Jahrhunderte lang aufrecht erhaltenen Gebrauchs führen alle männlichen Glieder der Familie den Namen Heinrich, und zum Unterscheidungszeichen erhält jedes, nach der Zeitfolge seiner Geburt, eine Nummer, welche bis hundert fortgesetzt wird. Man fängt dann mit 1 von neuem zu zählen an.

Die Reußischen Lande machen gegenwärtig nur etwa die Hälfte des alten Voigtlandes aus, weil dessen andere Hälfte mit der Gelangung zur Churfürstenwürde an Sachsen kam, und auch nach Aussterben der Churlinie bei diesem Staate verblieb. Es ist ein gebirgiger Landstrich, der zum Theil der thüringer, theils der erzgebirgischen Kette angehört, aber reich ist an gut angebauten Thälern, welche durch schöne Holzungen eingeschlossen werden; daher hat das Land Ueberfluß an Viehzucht und an Waldprodukten. Der Bergbau beschränkt sich größtentheils auf Eisen. Er ist wenig beträchtlich, aber zu einer weit größern Ausdehnung und Kultur geschickt. – Hauptnahrungszweige der Einwohner sind die Fabriken: Wollen- und Bandwollenweberei, Strumpfwirkerei, Porzellainmanufaktur etc. In und um Gera ist ihr Hauptsitz. An glatten wollenen Zeugen allein führt letztgenannter Ort jährlich für 500,000 Thlr. aus. Den Ruhm geistiger Kultur theilen die Reußischen Lande mit der gemeinschaftlichen Mutter; –


Allen Nationen voran in der Gesittung rühmlichem Wettkampf
     Streitet Germania.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/48&oldid=- (Version vom 1.10.2024)