Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band | |
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Obschon seitdem eine Menge Kurorte in Ungarn entstanden, so haben die Ofener Quellen doch ihren Ruf stets behauptet. Die vorzüglichsten sind: Das Kaiserbad, das heißeste, von 54° Reaumur; das Blocksbad, Reitzenbad, Königsbad und Bruckbad von 37–38° Reaumur. Alle sind gelind wirkende Schwefelwasser. Während der angenehmen Jahreszeit, vorzüglich an Sonn- und Feiertagen, strömt ein großer Theil der fashionablen Welt beider Städte in das Kaiserbad, dessen parkähnliche Anlagen dann jenes bunte Bild von Nationen und Ständen bieten, welches den großen Handelsstädten Ungarns eigenthümlich ist, und in dem neben den schönen, orientalischen Zügen der Magyaren die ausdrucksvollen, beweglichen der Israeliten am meisten hervorstechen. Man nimmt ein Bad, einige Gläser von der Trinkquelle, einfach oder mit Milch vermischt, horcht der herrlichen Militair-Musik zu und macht dann eine Promenade in die mit Wald und Felsen, Weingärten und Feldern im bunten Wechsel besetzten Berge hinter Ofen, wo jeder Gipfel imposante ober anmuthige Fernsichten über beide Städte und ihre Umgebungen gewährt; oder läßt den Blick über das Pesther Häusermeer in die Ebene irren, die nur der Horizont abzugrenzen scheint, und Gefühle, wie beim Anblick des Oceans, hervorruft.
Wie in der Gluth der tropischen Sonne die Blume schneller welkt und alles Daseyn schneller vergeht, so ist auch zwischen den Wendekreisen im Staaten- und Völkerleben alles vergänglicher, flüchtiger, als in den kühlern Himmelsstrichen, und Leben und Tod, Bauen und Zerstören lösen dort viel schneller sich ab. Besonders ist in Indien dieser rasche Uebergang bemerklich. In einem Jahrhundert blühen dort Städte auf und verfallen wieder, und der Reisende eilt über mit Gras bewachsenen Schutt, wo er ein paar Jahrzehnte früher vor Palästen geweilt hat. Auch dieses kostbare Werk der indischen Baukunst, – Sahedul Ali’s, Königs von Lucknow, Feenpalast in Ghazipore, ist jetzt verlassen, und eilt mit so viel anderer Herrlichkeit der muselmännischen Herrscher Indiens seinem
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/195&oldid=- (Version vom 15.11.2024)