Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band | |
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Wasserleitung, nahe der Stätte des alten Carthago, ist jedenfalls ein späteres Werk aus der Römerzeit. Doch läßt sich aus dem Vorhandenen noch ziemlich genau auf die Größe der punischen Stadt schließen, so wie auch die beiden Häfen, durch einen weit in das Meer reichenden Molo oder eine Landzunge geschieden, deutlich zu erkennen sind. Nach den Angaben der Alten betrug der Umfang Carthago’s fast 4 deutsche Meilen, und noch ist dieser Raum mit unzähligen Fragmenten von Substruktionen, Säulenstücken etc. bedeckt. Wo die Burg und der Haupttempel gestanden, ist jeder Stein, den man aufhebt, ein Stück seltnen Marmors, Serpentin, Giallo Rosso, Verdantico, Jaspis, Porphyr etc. – Diese kleinen Bruchstücke und der, wie einige Ausgrabungsversuche nachweisen, thurmhohe Schutt, der die Gegend bedeckt, sind Alles, was noch übrig ist von Carthago’s Prachtgebäuden, von jenen Riesentempeln zum Beispiel, zu welchen, wie zu dem des Aeskulap, nach Livius Berichten, 60 Marmorstufen emporführten; und von jener Burg, deren Souterrains Quartiere für 24,000 Mann, Stallung für 6000 Pferde und 300 Elephanten, und die Magazine für die Ernährung von 200,000 Mann auf 2 Jahre enthielten. Daß für Ausgrabungen diese Trümmerstätte ein ergiebiges Feld darbietet, ergibt sich aus der Art seiner Zerstörung und aus dem Umstande, daß Scipio noch einen Werth von vielen Millionen aus ihren Ruinen sammelte. –
Lassen wir die Alterthumsforscher nach punischen Inschriften, Scherben und Schätzen suchen, wir suchen solche nicht auf Carthago’s schweigsamem Friedhofe. Aber die nämlichen großen Züge, die uns in Tyrus’, Theben’s, Palmyra’s Ruinen begegneten, finden wir auch hier wieder, und in jeder Handvoll Erde, in welcher der Staub vom Palast des Reichen und von des Armen Hütte, die Asche des Großen mit der seines untersten Sklaven gemischt ist, lesen wir die ewige Wahrheit wieder, die den Menschenfreund entzückt, den Tugendhaften erhebt und dem Schlechten, dem Unterdrücker und Tyrannen jeglichen Genuß vergiftet. –
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/252&oldid=- (Version vom 20.11.2024)