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Seite:Meyers Universum 8. Band 1841.djvu/105

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ihrem Garten, so wie die herrlichen des fürstl. Thurn und Taxischen Hauses zu Gebote stehen, und die ihre Wirksamkeit weit über Deutschlande Grenzen hinaus verbreitet; – Wohlthätigkeitsanstalten, zum Theil noch patriotische Stiftungen aus Regensburg’s großer Zeit, sind in Menge vorhanden.

Der Regensburger lebt in der Regel einfach, und der Luxus der großen Rheinstädte ist hier nur ausnahmsweise zu finden. Kein Regensburger, sey er noch so vornehm, scheut sich zu arbeiten, und dieser rührige, rustige, praktische Sinn ist die ächte Fundgrube des städtischen Wohls. Die Faulheit kommt hier eben so wenig auf, als in Augsburg oder in Nürnberg. Ist auch in den reichen Kaufmannshäusern (deren es hier mehre giebt), das Bedürfniß nach Aufwand nicht immer fern gehalten worden, so wird man doch auch den frommen, häuslichen Sinn, herzliche Familienverhältnisse und die Neigung für Wohlthätigkeit selten vermissen. – Das Volk der untern Classen ist kernhaft, beginnt den Wochentag mit Gebet und Arbeit und beschließt ihn selten bei Bier und Tabak, Karten und Wein. Aber den Sonntag und Feiertag gibt es halb der Kirche und halb der Fröhlichkeit hin, eingedenk des alten guten Sprichworts: „Jedem Häslein bescheert Gott sein Gräslein!“ – Für gesellige Vergnügungen der höheren Classe wirken viele Vereine, ein gutes Theater, Concerte etc.

Regensburg’s Gewerb- und Handelsverhältnisse gehen, nach langer trüber Zeit, jetzt einer schönen Zukunft entgegen. Der Ludwig-Donau-Mainkanal, welcher Nordsee und schwarzes Meer verbindet, und noch mehr der unausbleibliche Anschluß an das norddeutsche Eisenbahnnetz, werden, mit der Dampfschifffahrt auf der Donau zusammenwirkend, Regensburg zum großen Emporium für den Süden von Deutschland machen und mit den Worten eines Vaterlandsfreundes zu reden: „die Helden der Walhalla werden mit Stolz auf den Weltverkehr herabblicken, der sich ihrem Volke zu ihren Füßen öffnet.“ –

Ehe ich von Regensburg scheide, wage ich noch einen sauern Gang; ich habe mir ihn aufgespart, wie die Kinder ihren besten Bissen, bis zuletzt. Ich gehe zum Rathhaus. Mein Führer öffnet erst die Marter- und Folterkammern parterre; – schauerliche Gewölbe, mit schauerlichem Werkzeug. Dann führt er mich hinauf, schließt auf, und ich trete in den Raum, wo das heilige römische Reich – während Deutschlands langer Nacht – Tag gehalten hat fast zwei Jahrhunderte. Leer sind die Wände, leer die Tafeln, die Sessel leer. Ich schaue in den öden Saal hinein, wie in einen leeren Traum, gestern oder vor Jahren ausgeträumt, der, wenn er in’s nüchterne Leben herübergaukelt, dieses nur stört und verwirrt.

„Ja, du bist dahin, mein Deutschland! Zertrümmert bist du, und der Deutsche hat kein Vaterland mehr!“ – so klagte ich, als vor 35 Jahren der Eroberer dem Fürstenverrath am Vaterlande den Purpur umhing, auf Vasallenhäupter Kronen drückte, und erlauchte Wähler des Reichs zu König-Sklaven des Rheinbundes erniedrigte.

Wie war ich damals thöricht! – Mein blödes Auge konnte es nicht erkennen, daß ein Blitz die dürre, morsche Krone der deutschen Eiche zerschlagen mußte, auf daß die Wurzel gerettet wurde vor der Fäulnis von oben und

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/105&oldid=- (Version vom 5.12.2024)