Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band | |
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als tausend Procent (von 95,000 Centner auf fast 1 Million Centner) und von Stabeisen um vierhundert Procent (von 112,000 auf 456,000 Centner) gestiegen; 1842 gingen mindestens neun Millionen Gulden für Eisen in’s Ausland, während die Eisenhüttengewerke in den Vereinsstaaten selbst unter dem Drucke fremder Concurrenz krankten und eine große Anzahl entweder zu Grunde gingen, oder zum Einstellen ihrer Arbeit gezwungen wurden. Von solchen Thatsachen müssen doch endlich auch die Blinden Notiz nehmen, denn sie sind handgreiflich geworden. –
Daß unser deutsches Eisenhüttengewerbe, weil es bei der zollfreien Einfuhr des fremden Roheisens keinen wirksamen Schutz genießt, unter diesen Verhältnissen nichts so Großartiges aufweisen kann, als England, Belgien und Nordamerika, ist nicht zu verwundern und gereicht ihm nicht zur Unehre. Doch wenn ihm auch jene Riesenwerke abgehen, auf welche die Fremde stolz ist, so besitzt es doch eine Anzahl von Etablissements, in welchen sich die Eisenerzeugung würdig repräsentirt. Besonders zeichnen sich die preußischen Rheinprovinzen und Oberschlesien, begünstigt von dem glücklichen Verhältniß, zugleich im Besitz eines großen Reichthums von Steinkohlen und von Erzen zu seyn, durch ihre Eisenproduction aus. Oberschlesien allein bringt so viel hervor, als ganz Sachsen, Bayern, Würtemberg und Baden zusammengenommen.
Das oberschlesische Eisenhüttengewerbe führt seinen Ursprung auf die älteste historische Zeit zurück. Seine erste Verbesserung datirt sich von der Einführung der Luppenfeuer aus Böhmen im Jahre 1365, und diese Schmelzweise war bis zum Jahre 1721 allgemein, wo der erste Hochofen erbaut wurde. Doch beschränkte sich die Erzeugung noch lange nachher, bis gegen Ende der Regierung Friedrichs des Großen, auf die Befriedigung des Bedarfs der Provinz, und noch 1777 kömmt schwedisches Eisen als ein bedeutender Einfuhrartikel Niederschlesiens vor. Der große nachherige Aufschwung des Gewerbes begann erst 1780, als der König dem Grafen von Reden die Oberaufsicht des Berg- und Hüttenwesens der Provinz übertrug.
Der Monarch hatte keine glücklichere Wahl treffen können, und von Reden war nicht minder glücklich, einen solchen Gebieter zu haben, welcher die Einsicht und den Muth besaß, einem genialen Mann von rastlosem Wirkungsstreben carte blanche zu geben, – die Vollmacht, zu schalten in seinem Berufskreise, wie er wolle. Was Reden anordnete, mußte geschehen, und der Graf wollte immer nur das Rechte und Große, mit rechten, großartigen Mitteln. Das ganze oberschlesische Hütten- und Bergwesen erhielt unter seiner Leitung in wenigen Jahren eine Umgestaltung. Neuen Ideen zugänglich brachte er alle Verbesserungen und Erfindungen schnell in Anwendung und gemeinlich auf eine kühne Weise. Selten mißlang ihm ein Versuch, denn er hatte den Muth, Hindernisse zu überwinden, und Schwierigkeiten schärften nur seine Beharrlichkeit. Was ihm auf den königlichen Werken gelang, das theilte er bereitwillig den Privatwerken mit, und wo er zur Nachahmung Unterstützung nöthig fand, war er immer
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1842, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_9._Band_1842.djvu/161&oldid=- (Version vom 2.1.2025)