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Seite:Meyers Universum 9. Band 1842.djvu/9

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An meine Freunde!




Das Universum ist die Unendlichkeit, weil Gotteswerk:mein Buch ist die Vergänglichkeit, weil Menschenwerk; – ist’s gleich über den Erdkreis verbreitet in vielen Sprachen, wird’s doch in einer Spanne Zeit vergessen seyn mit allen den verwandten Erscheinungen, welche es in’s Leben rief.

Aber der Gedanke, der im Universum offenbart ist, ist, wie der Weltgeist, ewig. Er dauert und wirkt fort, nachdem mein Buch, sein Leib, längst vergangen ist.

Gleich wie im Universum der Menschengeist unstät wandert, bald den Bahnen flammender Welten folgt, oder die Nebelflecken um Herkunft und Bestimmung fragt, bald in des Erdkerns Gluth sich senkt, oder in des Nordlichts Farben taucht, bald in der Vergangenheit forscht, bald die Zukunft mißt: – so führt den Leser auch mein Buch bald zu Hütte und Schloß, bald zu See und Berg, bald in der Erde Schacht, bald auf des Kraters Rand: – einmal schaukelt’s ihn auf den Fluthen des Oceans, ein andermal auf den Wogen meiner Seele und trägt ihn auf des Gedankens Fittig über das Klüftchen Grab weg – oder es stellt ihn vor das Panorama des Erdenlebens hin, vor seine Höhen und Tiefen, Könige und Bettler, Politik und Religion, Wahrheit und Irrthum, Treue und Trug, und deren Kämpfe. Auch mein Träumen, mein Hoffen, mein Spiel, meinen Ernst, mein Zweifeln und meine Zuversicht offenbart ihm mein Buch, und zwingt ihn zum Nachfühlen meiner Freude und meines Wehes.

Acht Jahre schon hat diese Gemeinschaft zwischen mir und der Lesewelt gedauert, und fort und fort wächst meiner Gemeinde Kreis. Um Treue gebe ich Treue. – Der letzte Jahrgang meines Lebens soll der letzte Jahrgang meines Universums seyn.

Meyer.