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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

erste selbständige Lehrbuch dieser Wissenschaft, welches er später durchaus umgearbeitet als „Lehrbuch des Strafprozesses“ (Götting. 1835; 2. Ausg. von Morstadt, das. 1848) erscheinen ließ. Die Philosophie des Strafrechts behandelte er bereits in seinem „Lehrbuch des Naturrechts“ (Marb. 1808; 3. Ausg., Götting. 1825), sodann in den „Grundlinien des philosophischen Kriminalrechts“ (das. 1825) ausführlicher. Ein Anhänger der Feuerbachschen Abschreckungstheorie, stellte er demnächst eine eigne, die sogen. Warnungstheorie, auf und zwar in dem „Lehrbuch des Strafrechts“ (Götting. 1827, 2. Ausg. 1833) sowie in einer besondern Schrift: „Die Warnungstheorie, nebst einer Darstellung und Beurteilung aller Strafrechtstheorien“ (das. 1830). Außerdem veröffentlichte er: „Lehrbuch des Napoleonischen Zivilrechts“ (Marb. 1809, 2. Aufl. 1812); „Beiträge zur Charakteristik und Kritik des Code Napoléon“ (das. 1810); „Strafrechtsfälle“ (Götting. 1835–39, 4 Bde.); „Anleitung zur Kriminalpraxis“ (das. 1837); „Beiträge zum deutschen Privatfürstenrecht“ (das. 1839); „Abhandlungen aus dem Strafrecht und dem Strafprozeß“ (das. 1840–43, 3 Bde.); endlich einige Schriften über die Entwürfe des hannöverschen Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung, an deren Abfassung und Redaktion er beteiligt war. Auch gab er mit Anmerkungen heraus die 8. Auflage von G. L. Böhmers „Principia juris feudalis“ (Götting. 1819).

2) Andreas Friedrich, Mechaniker, geb. 18. Aug. 1783 zu Stuttgart, studierte, nachdem er daselbst seinen Beruf und auch als Optiker gelernt, in Tübingen während einiger Semester Mathematik, erwarb den Grad eines Magisters und begab sich sodann zu weiterer Ausbildung Anfang dieses Jahrhunderts nach England, wo er 1807 oder 1808 zu Friedrich König (s. d.), dem Erfinder der Schnellpresse, in ein näheres freundschaftliches und geschäftliches Verhältnis trat. Nach Königs eignen Worten würde es diesem kaum gelungen sein, seine Erfindung derart zu vollenden, wie es geschehen, hätte er nicht Bauers kenntnisreichen Rat und dessen thätige Hilfe zur Seite gehabt. Als König 1817 nach Deutschland zurückkehrte, folgte ihm B. im Jahr danach auf die von König gekaufte ehemalige Prämonstratenserabtei Oberzell bei Würzburg, in deren Baulichkeiten sie eine Fabrik für Buchdruckschnellpressen unter der Firma König u. Bauer anlegten, ein Unternehmen, dessen Bestand und Gelingen sie mit unendlichen Mühen sicherten, das sich aber noch bei Lebzeiten Bauers (König war 1833 gestorben) zu hoher Blüte entwickelte. B. leitete das Etablissement nach dem Tod seines Freundes, von dessen Witwe unterstützt, und war stets bestrebt, die Schnellpressen immer mehr zu vervollkommnen, so daß er schon 1847 eine vierfache Schnellpresse konstruierte mit einer Leistungsfähigkeit von bis zu 6000 Drucken pro Stunde. Auch die Anwendung der sogen. Kreisbewegung für den Betrieb des Fundaments der Schnellpresse ist sein Werk; die erste nach diesem System gebaute kam 1840, bei Gelegenheit des 400jährigen Jubiläums der Buchdruckerkunst, nach Leipzig. B. starb 27. Febr. 1860.

3) Karoline, berühmte Schauspielerin, geb. 29. März 1807 zu Heidelberg, siedelte nach dem Tod ihres Vaters, der als Rittmeister bei Aspern fiel, 1814 nach Karlsruhe über, wo sie im Dezember 1822 die Bühne des dortigen Hoftheaters als Margarete in den „Hagestolzen“ von Iffland mit großem Erfolg betrat. Anmut, Natürlichkeit und eigentümliche Begabung machten sie rasch zum gefeierten Liebling des Publikums. 1824 wurde sie an das Königsstädtische Theater nach Berlin berufen und ein halbes Jahr danach an der dortigen Hofbühne angestellt. 1829 verließ sie die Bühne, um sich, zur Gräfin Montgomery erhoben, mit dem Prinzen Leopold von Koburg zu vermählen, von dem sie wieder geschieden wurde, als er die belgische Königskrone annahm. Zur Bühne zurückkehrend, folgte sie 1831 einem Ruf nach St. Petersburg und gastierte 1834 mit außerordentlichem Erfolg in Wien, Pest, Leipzig, Hamburg, Berlin, Lübeck etc., später in Dresden, an dessen Hoftheater sie bis 1844 mit andauerndem Beifall wirkte. Ihre Preziosa, Donna Diana, Julia in „Romeo und Julia“, Maria Stuart, Prinzessin in „Tasso“ und viele andre sowohl tragische als vorzugsweise muntere Rollen lieferten den Beweis eines wahrhaft ausgezeichneten Talents. Seit 1844 mit dem polnischen Emigranten Grafen Ladislaus von Broel-Plater vermählt, starb sie 18. Okt. 1878 auf Villa Broelberg bei Zürich. Durch eine Reihe sehr interessanter Erinnerungen: „Aus meinem Bühnenleben“ (2. Aufl., Berl. 1876, 2 Bde.) und „Komödiantenfahrten“ (das. 1875), deren Herausgabe A. Wellmer besorgte, rief sie sich vorteilhaft auch ins Gedächtnis unsrer Zeit zurück. Dagegen erregten ihre von Wellmer nach ihrem Tod unter dem Titel: „Aus dem Leben einer Verstorbenen“ (Berl. 1878–80, 4 Bde.) veröffentlichten Briefe u. nachgelassenen Memoiren („Verschollene Herzensgeschichten“) viel Ärgernis und hatten einen langwierigen Prozeß des Herausgebers mit dem Grafen Plater zur Folge.

4) Bruno, der verwegenste biblische Kritiker der Neuzeit, geb. 9. Sept. 1809 zu Eisenberg im Herzogtum Sachsen-Altenburg, besuchte die Berliner Universität und habilitierte sich an derselben 1834 als Lizentiat der Theologie; 1839 veröffentlichte er, nachdem er als Privatdozent an die Universität Bonn versetzt war, seine „Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes“ (Brem. 1840) und die „Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker“ (Leipz. 1841–1842, 3 Bde.; 2. Aufl. 1846). Nachdem ihm 1842 die Erlaubnis, theologische Vorlesungen zu halten, entzogen war, schrieb er in Berlin zu seiner Verteidigung: „Die gute Sache der Freiheit und meine eigne Angelegenheit“ (Zürich 1843), begründete darauf eine „Allgemeine Litteraturzeitung“ (Charlottenb. 1843 bis 1844) und lieferte mehrere kritische und historische Werke über das 18. und 19. Jahrh. In weitern theologischen Schriften: „Kritik der Evangelien“ (Berl. 1850–52, 4 Bde.), „Kritik der paulinischen Briefe“ (das. 1850–52, 3 Bde.) und „Die Apostelgeschichte“ (das. 1850), setzte er seine negative Kritik fort. Zugleich entwickelte er bis zu seinem am 13. April 1882 in Rixdorf bei Berlin erfolgten Tod eine eifrige journalistische und lexikographische Thätigkeit und veröffentlichte noch: „Philo, Strauß, Renan und das Urchristentum“ (Berl. 1874); „Christus und die Cäsaren. Der Ursprung des Christentums aus dem römischen Griechentum“ (das. 1877); „Einfluß des englischen Quäkertums auf die deutsche Kultur und auf das englisch-russische Projekt einer Weltkirche“ (das. 1878); „Zur Orientierung über die Bismarcksche Ära“ (Chemn. 1880); „Disraelis romantischer und Bismarcks sozialistischer Imperialismus“ (das. 1881). Der Tübinger Schule, deren Resultate B. namentlich durch die Preisgebung sämtlicher Paulusbriefe überbot, hat er von jeher fremd gegenübergestanden. Im Gegensatz zu Strauß, dem Verfasser des „Lebens Jesu“, aber verlegt B. die Genesis des Christentums rein und allein in das mit stoischer und alexandrinischer Philosophie gesättigte Bewußtsein der römischen Kaiserzeit und macht namentlich Seneca dafür verantwortlich.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0466.jpg&oldid=- (Version vom 12.3.2021)