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brachte! Diesmal wird es wohl noch eine Weile dauern. Die Russen beginnen jetzt erst die Beschießung der Festung. Und wenn wir sie auch zurückwerfen, werden wir doch nicht sobald eine Entsatzarmee zur Hand haben, da unsere Truppen ihre Hauptkräfte für die große Entscheidung in Russisch-Polen konzentrieren müssen. So wird uns wohl erst Befreiung werden, bis diese Entscheidung dort oben zu unseren Gunsten gefallen ist und die Russen auch hier zum Rückzug zwingt.

Leider ist der Winter besonders früh und streng angebrochen — wir hatten schon 10—15 Grad Kälte — und das bedeutet eine große Erschwerung unserer Offensive in Russisch-Polen.

Vorderhand sind noch große Vorräte in der Festung und man kann, wenn auch vielerlei fehlt, nicht von Entbehrung reden. Wir haben jetzt sogar noch Bier gehabt und aus dem Verpflegsmagazin Käse und Sardinen. Von dieser Woche ab werden allerdings die Rationen im Offizierskasino, für die Mannschaft und in den Spitälern wieder etwas herabgesetzt. Am fühlbarsten macht sich das in den Spitälern, wo es ganz ausgeschlossen ist, eine gute Krankenkost herzustellen und die Verwundeten essen müssen, was die Gesunden bekommen.


Abends.

Heute vormittag war ich auf dem Schloßberg. Das Winterbild dort oben ist ungemein hübsch. Sonne und Frost, kein Wind, so daß man die Kälte kaum spürt. Die Stadt liegt weich und weiß gebettet und die fernsten Häuschen sind zum Greifen nah.

Majestätisch zieht unser Doppeldecker seine Kreise über der Festung. Er späht nach dem Feind. Manchmal läßt er sich so tief herab, daß man jedes Detail der Verspreizung

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/97&oldid=- (Version vom 1.8.2018)