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häufig führte Johann Sturm römische Dramen durch seine Schüler auf. Die Vocabularien ließ er lieber nach Materien als nach dem Alphabet zusammen stellen. Die Realien vernachlässigte er; aber mit ausdauerndem Fleiße behandelte er in den obersten Jahreskursen, nach seinem Wahlspruche: Pietas sapiens et eloquens est finis studiorum, – die philosophischen Wissenschaften und die Rhetorik, doch immer streng nach dem Muster der Alten. An diese Studienwege war er einst zu Lüttich gewöhnt worden; diese Unterrichtsmethode hatte er an den schönen Erfolgen seines ausgezeichneten Freundes und Landsmannes Sleidanus und an andern Jugendgenossen erprobt gefunden und lieb gewonnen; alles Genannte und außerdem viele andere Eigenthümlichkeiten aus der Zeit seiner Schuljahre führte er also sowohl in Straßburg ein, als auch in Lauingen und in den vielen übrigen Mittelschulen, auf deren Organisation er Einfluß hatte. In Straßburg bekleidete er 43 Jahre lang das Amt eines Rectors. Um seine Zöglinge nicht, nach der damals üblichen Gewohnheit, zu wenig vorbereitet der Universität zu übergeben, ließ er sie bei dem Austritt aus der obersten Klasse erst noch in eine Art von Selecta vorrücken, die bei ihm das Gymnasium publicum oder lectiones liberae sive publicae genannt wurde. Theologen vollends fanden in seiner Anstalt eine besonders berücksichtigte Vorbereitung, ehe er diese Zöglinge der in Straßburg bestehenden theologischen Fachschule zur Vollendung ihrer Studien übergeben konnte; also wie wir es im Kleinen zu Durlach angetroffen haben. Sein 9 Jahreskurse umfassendes Gymnasium in Straßburg zählte 1546 bereits 624 Zöglinge[1], und als 12 Jahre später der früheste deutsche Jesuit, Peter Canisius, auf einer Reise nach Straßburg kam, enthielt die Anstalt schon 1000[2].

  1. Ueber ihn vergleiche die treffliche Schrift: La vie et les travaux de Jean Sturm. Par Charles Schmidt, directeur du gymnase protestant. Strasbourg 1855.
  2. Röhrich, Mittheilungen aus der Geschichte der evang. Kirche des Elsaßes II, 188.
Empfohlene Zitierweise:
Mittelschule Durlach (Vierordt): Geschichte der im Jahre 1586 zu Durlach eröffneten und 1724 nach Karlsruhe verpflanzten Mittelschule. Karlsruhe: , 1859, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mittelschule_Durlach_(Vierordt)_049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)