Seite:Mittelschule Durlach (Vierordt) 079.jpg

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u. s. w.), im zweiten Semester freilich auch schon die lateinische Deklination lernten. Die bei dem Anfänger zu befolgende Methode ist in der Gynmasialordnung von 1705 umständlich vorgeschrieben, z. B. der Lehrer solle einen Buchstaben zuerst an die Tafel zeichnen und benennen, dann die Kinder auffordern, den Buchstaben nachzusprechen und ihn im ABC-Buche zu suchen. – Auch den ersten Schritt des Schreibunterrichts bezeichnete jene Gymnasialordnung; der Lehrer mußte die Buchstaben mit „Reißblei“ vorschreiben und der Schüler ihnen mit Dinte nachfahren[1]. – Dabei fällt aber in dem Schematismus auf, daß dieser Schreibunterricht sich auf die zwei untersten Klassen, also auf die vier frühesten Schuljahre beschränkte, nur noch in unserer jetzigen Prima, aber nicht mehr in Secunda statt fand, noch weniger in Tertia[2]. Eine so kurze Dauer scheint er bereits in der Gründungszeit des Gymnasiums und auch in andern gleichzeitigen Anstalten gehabt zu haben. Daraus erklärt es sich, warum die damaligen Schriftzüge selten recht deutlich und schön sind. Unter 10 Schülern, so klagte 1715 der aus Norddeutschland nach Durlach berufene neue Rector Boye, kann höchstens Einer ordentlich schreiben. Deßwegen ließ er die Schreibübungen auch in der drittletzten Klasse (unserer Secunda) fortsetzen und dieses ging nach dem 1724 erfolgten Tode des vielfach angefeindeten Mannes in die Gymnasialgesetze von 1725 über „weilen auch eine saubere Handschrift in allen Ständen des Lebens ihren ohnentbärlichen Nutzen hat“. – Erst in der folgenden Periode werden wir sehen, wie Karl Friedrich den kalligraphischen Unterricht bis einschließlich unsere Oberquinta auszudehnen befahl und für schöne Schriftproben


  1. Diese Gymnasialordnung steht in dem damaligen Bande des Albums unserer Anstalt.
  2. Der Schematismus von 1710 bestimmte für die unterste Klasse wöchentlich 4 Schreibstunden; für die „Calligraphia“ in der zweituntersten wöchentlich 6 Stunden, d. h. täglich von 12–1 Uhr.