Seite:Mittelschule Durlach (Vierordt) 200.jpg

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Söhne mit sich zum öffentlichen Gottesdienste zu nehmen. Während also für die untersten Kurse, also für die 6- bis 10jährigen Knaben, durch die oben erwähnte Schulkirche gesorgt blieb, wurde den Religionslehrern der übrigen Klassen an’s Herz gelegt, für den gebührenden Kirchenbesuch eifrige Sorge zu tragen und in der 1. Religionsstunde der Woche sich zu verlässigen, ob der Gottesdienst in irgend einer der 3 evangelischen Kirchen benützt worden sei.

Neben dem Kirchengesang übte das Gymnasium für den öffentlichen Gottesdienst auch Instrumentalmusik noch während der ersten Jahrzehende seiner Karlsruher Zeit, also wie es einst in Durlach geschehen war, aber jetzt nicht mehr mit gleichem Eifer und Erfolge. Die Schulgesetze von 1725 bestimmten dazu täglich die Stunde von 12 bis 1, nebst einer besonderen Stunde an jedem Mittwoch- und Samstagnachmittag für die Probe dessen, was im nächsten Gottesdienste musicirt werden solle, und verlangten zugleich, daß nur die in solchen Uebungen fleißigsten Zöglinge an dem Weihnachtgesange Theil nehmen dürfen[1]. – Nach einer Verordnung von 1743 mußte


  1. Nach einer Rechnung von 1750 trug damals der Weihnachtgesang, von dessen Einrichtung in der vorjährigen Programmbeilage Seite 56 die Rede war, 75 fl. 43 kr. ein. Davon erhielten die 3 mitwirkenden Exemten je 3 fl. 41 kr.; Primaner (jetzige Quintaner) und andere Klassenschüler bekamen stufenweise weniger; das Minimum gelangte an Quartaner und brachte Jedem 2 fl. 36 kr. Die 4 jüngsten Jahreskurse sangen, wegen der winterlichen Witterung, nicht mit. – Als 1788 die städtische Polizei sich mißfällig über diese „Art von Bettelei“ äußerte, erinnerte zwar der Rector Sachs, der fragliche, uralte Brauch sei von jeher durch die gnädigsten Landesherren selbst vor ihrem eigenen Schlosse erlaubt worden, werde noch jetzt dort und zwar bei übler Witterung innerhalb des Portals gestattet, und habe nach bisherigem Ertrage nie unter 75 fl., zuweilen 90 fl. eingebracht, die theils dem Cantor, theils den ärmsten seiner besten Schüler zu gut kommen. – Damit war aber das Ende des im Volke sehr beliebten Weihnachtgesanges nicht abzukaufen; er mußte wie das Singen der Gymnasiasten bei größeren Leichen (das bei Hochzeiten und Taufen war schon früher abgekommen) bald gänzlich eingehen. Nur in den untersten Gymnasialklassen blieb [201] noch bis 1804 ein Rest von jenem Leichensingen. Der 1792 neu angestellte Cantor Lembke wurde für den Verlust, der ihm durch obige Veränderung erwachsen war, mit 56 fl. Gehaltserhöhung entschädigt.