Seite:Mittelschule Durlach (Vierordt) 215.jpg

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nimmer in die gleiche Hand legen, sondern für diesen Zweck zwei Lehrer berufen, die er als früherer Docent an der Universität Jena kennen und schätzen gelernt habe, Tittel und Böckmann, und zwar für Philosophie den Ersteren. – Das wurde vollzogen; doch anfänglich übernahm Böckmann auch die Logik und bediente sich dabei eines Compendiums, welches seinen bei Karl Friedrich damals noch sehr wohlgelittenen Gönner Schlettwein zum Verfasser hatte[1]. Tittel, der die übrigen philosophischen, auch manche historische Kollegien las, leitete als ausgezeichneter Latinist die Disputirübungen mit großem Beifall. Von den lateinischen Dissertationen, bei welchen seine Schüler in den nächst folgenden Jahren philosophische oder theologische Sätze öffentlich vertheidigten, sind viele auch gedruckt worden. Wählen wir, um die Einrichtung des philosophischen Kurses zu bezeichnen, ein Programm von 1780, so finden wir, neben dem unausgesetzten Disputatorium, durch Tittel angekündigt 5 Stunden Naturrecht und Klugheitslehre für den ältesten und 4 Stunden Logik und Metaphysik für den zweitältesten Cötus; Alles nach Feder’s Lehrbüchern. Drei Jahre nachher fing er selbst an, in deutscher Sprache eine ganze Reihe von philosophischen Werken herauszugeben, die auch in anderen Anstalten Deutschlands eingeführt wurden und zum Theil eine 2. und 3. Auflage erlebten. In jeder derselben stellte er Locke und Leibnitz bei weitem über seinen Zeitgenossen Kant, dessen Reformen er nur mit Unwillen zu erwähnen pflegte. Nachdem er gegen Ende 1807 in den Ruhestand getreten war, übernahm Professor Holtzmann der Vater die Philosophie, aber mit geminderter Stundenzahl. Er trug z. B. 1811 unserer jetzigen Untersexta wöchentlich 2 mal reine


  1. Schlettwein’s „Weg zur Wahrheit. Jena 1757.“ – Zu Karlsruhe hielt dieser aus Weimar gebürtige Oeconomist neben seinen Dienstgeschäften seit 1763 auch kameralistische Vorlesungen in der Regierungskanzlei, an welchen auch manche unserer ältesten Schüler Antheil nahmen, verließ aber 10 Jahre später nach mißglückten physiokratischen Versuchen Karlsruhe und den badischen Dienst überhaupt und docirte in Basel, später in Gießen.