Seite:NLM 1929 Seite 224.jpg

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Das Schloß des Ritters Heinrich v. Radeberg war 10 Ellen hoch über der Erde durch einen 18 Ellen langen hölzernen Gang mit der Kirche verbunden, auf welchem die Besitzer zur Kirche auf ihre Empore gingen[1]. Um 1317 teilte Heinrich das Rittergut in 4 Bauerngüter auf, die er von Hofedienst und Zins befreite[2]. Diese Güter verkaufte sein Sohn Namens Otto v. Radeberg am 15. Dezember 1350 an das Kloster Marienstern zurück. Dabei wurden die erwähnten Steuerfreiheiten der Radebergschen Güter von der Äbtissin von neuem bestätigt[3].

Weil das Rittergut erst um 1317 aufgeteilt wurde, zu einer Zeit, wo die bäuerliche Kolonisation sich gleichmäßig durchgebildet hatte, war hier das Land sicher schon zum größten Teil urbar, gepflegt und bebaut. Da nun diese 4 Güter in Lage und Bodenbeschaffenheit einander gleich sind, so müßten demnach auch die aufgeteilten Hufen von gleicher Größe sein. Das ist aber nicht der Fall. Es interessiert aber weniger, mit welchem Maße hier die Aufteilung erfolgte, als die Ursache der vorkommenden Hufenschwankungen zu ermitteln. Zwei Besitzer (Nr. 58 und 20) erhielten ihre Hufen westlich (am Oberfiebig) zugeteilt. Gehen wir auf deren ältesten Besitzverhältnisse ein, so finden wir, daß die beiden Hufen sich Jahrhunderte hindurch bis 1799 in den festen Händen einer Familie Seliger, bald in einer Hand, bald in zwei Händen, erhalten


    nach dem aufgestellten Inventarverzeichnis beim Amtsantritt des Pfarrers Michael Franke (1600–1628) wöchentlich einen Tag Arbeit für Kost und Lohn eines weißen Groschens an die Pfarre zu leisten, sowie jährlich 6 Groschen zu zinsen. Dieselben Dienste hatte auch ein gewisser Georg Richter, der sich unterstanden, vor die Pfarre ein Haus zu bauen (wohl den ehemals südlich über der Pließnitz liegenden [1855 abgebrochene] Garten Nr. 56), zu verrichten, brauchte aber nur einen Groschen an die Pfarre jährlich zinsen, s. Chr Jancke, Presbyterologie L. IV. 161 unter Berzdorf. Ferner hatten die beiden Widemutshäusler (Nr. 54 und 55) bis zur Ablösung (1850) jeder 17 Hofetage auf der Pfarre zu erfüllen.

  1. Diese Nachricht entstammt ebenfalls der Niederschrift von 1612. Dort wo dieser Gang in die Kirche einführte, waren bis zur Kirchenrenovation 1909 noch erkennbare Merkmale an der westlichen Giebelseite der Kirche vorhanden. S. Heimataufsatz im Neuen Görl. Anzeig. 1927 Nr. 237.
  2. S. Carpzov, Ehrentempel 1 (1719) S. 336. Diese Urkunde ist angeblich bei einem Brande der beiden Bauerngüter bei der Kirche 1602 mit vernichtet worden. Carpzov versichert jedoch, daß von der Urkunde, die er in deutscher Fassung mitteilt, seinerzeit das lateinische Original noch vorhanden gewesen sei. Vgl. alte sächs. Kirchengalerie S. 377. Bei dieser Verkaufsübereignung an das Kloster scheinen sich die v. Radeberg gewisse Lehnrechte auf diesen Gütern vorbehalten zu haben. Denn 1399 erhebt ein Rampfold de Radeberg Klage gegen den Richter in Bertilsdorf vor Richter und Schöppen in Görlitz, weil dieser ihm „Manschaft“ (den Lehnseid) zum zweitenmale nicht leistete. Der Klage widerspricht Rosenhayn, der Bevollmächtigte des Berzdorfer Richters, und erstritt sein Recht, Görlitz. lib. actor. 1389–1414 Bl. 139 a. Richter war zu dieser Zeit in Berzdorf Peter Weise, mit welchem sich wiederholt das Görlitzer Gericht zu beschäftigen hatte; so stand er im Verdacht, bei einem Totschlag (1396) eines gewissen Jacob Weber „der do geschen zu Bertilstorff“ beteiligt gewesen zu sein S. lib. vocationum I fol. 15 b.
  3. Ebenso wie die beiden Güter an der Scheidebach (Nr. 2 und 3), so waren auch die 4 Radebergschen Güter zur Abgabe von Zinsgetreide an die Klosterherrschaft nicht verpflichtet. Die Berzdorfer insgemein hatten sonst noch jährlich 27½ Stück Zinshühner abzuliefern; auch von dieser Abgabe waren diese 6 Güter (ebenso auch Nr. 12 und 13) befreit. Sicherlich war diese Befreiung auf den Radebergschen Gütern durch diese oben angegebene Urkunde bedingt.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Krische: Die Siedlungsverhältnisse von Berzdorf auf dem Eigen. In: Neues Lausitzisches Magazin. Görlitz: Selbstverlag der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1929, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NLM_1929_Seite_224.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)