Seite:NLM 1929 Seite 231.jpg

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Kolonisation Slavensiedlungen begegnete und Slavenland nach deutscher Art aufteilte und berainte[1]. Hier waren die aus dem slavischen Ortskern gebildeten Hufen in bezug auf das offene Land im Verhältnis zu den Randhufen bedeutend wertvoller. Hätte sich bei diesen im Nachteil stehenden Hufen gleich von vornherein durch Gewährung von einer Anzahl Freijahre von seiten des Grundherrn nur damit ein Ausgleich vollzogen – wie man das wohl anderseits behauptet hat –, dann müßten sicher auch die Hufen in bezug auf ihre Flächengröße mehr Einheitlichkeit aufweisen. Es ist dies aber nicht der Fall, und so geht daraus hervor, daß man bei der Vermessung der Hufen verschiedene Verhältnisse berücksichtigte und mehr oder weniger bei Zumessung mit Land ausglich.

Nach dem fänkischen Maß bestand die Hufenlänge aus drei Feldern. Eine Feldlänge beträgt nach Maß der Feldrute 764 Meter, bei zwei Feldern das Doppelte und bei drei Feldern das Dreifache. War bereits die Dorfflur fest begrenzt und ließ sich diese Hufenlänge nicht erreichen, so wichen die Meßleute von ihrem Normalmaß ab, wie wir dies nicht nur hier auf diesem Berzdorfer niedern Dorfteil, sondern auch vielfach bei anderen Dörfern wahrnehmen können. Hierbei ward, um das gewollte Flächenmaß der Hufe zu erreichen, was dieser an Länge fehlte, durch Zugabe an Breitenmaß ausgeglichen.

Es gibt auch eine Anzahl sonstiger Merkmale, die mit der Hufenaufteilung nach fränkischem Maß in engem Zusammenhang stehen und die wir, ganz gleich, ob es eng zusammengebaute altslavische Dörfer oder langgestreckte aus grüner Waldwurzel entstandene Kolonisationsdörfer sind, beobachten können. So findet man in den Zinsbüchern des Görlitzer Ratsarchivs, die bis auf 1443 zurückführen, daß bei der großen Zahl


  1. Nicht immer haben bei der Umgestaltung der slavischen Dörfer nach deutscher Art die Besitzer bei ihren zugeteilten Hufen ihre Wohnstätten erbaut, z. B. hat das Dorf Niecha eine rein deutsche Flureinteilung, aber nicht ein einziges Gehöft (außer Rittergut) steht entsprechend bei seiner Hufe. Oft ist es vorgekommen, daß erst nach Feuersbrünsten, wo das ganze Gehöft in Asche lag, die Bauern sich entschlossen, wie z. B. in Jauernick (am östlichen wie westlichen Dorfende), ein vollständig neues Gehöft auf ihrer Hufe zu erbauen. Denselben Fall finden wir bei Leuba (wo etwa nur die Hälfte der Güter bei ihrer Hufe stehen, wo ebenfalls ein Bauer (Richter) erst nach einem Brande (1859) sein Gut auf seinem Felde neu aufbaute. In Nieder-Kiesdorf (a. d. Eigen) sind nicht weniger denn 5 Bauerngüter nachweisbar, die sich früher im Ortskern (nordseits der Gaule) befanden. Als 1858 zwei dieser nebeneinander liegenden Bauerngüter abbrannten, erbauten die Besitzer auf ihre in der östlichen Ortsflur gelegene Hufe nunmehr ihre Gehöfte auf. Eine dritte Hufe ging durch Kaufverschmelzung an ein anliegendes Gut über. Auf diesem eingegangenem Gut ruhte die Kretschamgerechtigkeit. Es stand an der Stelle des Gasthofs zum Löwen. Ein anderer Bauer brach 1847 sein altes Gut ab und erbaute westlich der Ortsflur auf seine Hufe (um seine Fluren vor Felddiebstählen zu schützen) ein neues Gehöft auf. Das fünfte der genannten Gehöfte besteht heute noch an alter Stelle, das Feld ist dagegen an das anliegende Lehngut verkauft worden. Diese Beispiele beweisen, daß sich die Umgestaltung der vorgefundenen Slavendörfer in das deutschen Reihendorf nur langsam vollzog. Ein Teil der Schönauer Nordflur sowie das sogen. Feldschönau gehörten ganz entschieden mit zur Kiesdorfer Siedlung. Um aber bei der Kolonisation bei den Schönauer Hufen eine Länge von mindestens 200 Meter zu erreichen, kam das Land mit zur Schönauer Flur; gehörten doch beide Dörfer Schönau sowie Ober- und Nieder-Kiesdorf ein und demselben Dorfherrn.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Krische: Die Siedlungsverhältnisse von Berzdorf auf dem Eigen. In: Neues Lausitzisches Magazin. Görlitz: Selbstverlag der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften, 1929, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NLM_1929_Seite_231.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)