Gebet beklagte sich der Kāzī über Nānak’s unehrerbietige Aufführung. Darüber von dem Khān zur Rede gestellt, erwiederte er: er habe gelacht, weil das Gebet des Kāzī ein nuzloses gewesen sei. Aufgefordert, sich näher auszusprechen, fuhr er fort: der Kāzī habe in seinem Hofe, in dem ein offener Brunnen sei, ein junges Füllen gelassen, während des Betens habe er immer an das Füllen gedacht, es möchte in den Brunnen fallen. Auf dieses hin fiel der Kāzī zu Nānak’s Füssen und bekannte die voile Wahrheit. Dadurch stieg Nānak auf einmal in der Achtung aller und der Khān entliess ihn gnädigst, nachdem er ihm noch all sein Vermögen angeboten hatte. Er fieng nun an im Lande herumzuwandern, begleitet von Mardānā, dem Musicanten.
Bis hieher stimmen beide Relationen, wenigstens in den Hauptpuncten noch überein, obgleich die späteren in ihrer Wundersucht schon alles ins übernatürliche zu steigern beflissen sind. Mit dem Beginn des Wanderlebens Nānak’s jedoch hören die gemeinsamen Berührungspuncte fast ganz auf und die ältere und neuere Tradition gehen ganz verschiedene Wege, die sich absolut nicht vereinigen lassen. Dies beweist hinreichend, dass darüber nicht viel bekannt oder nicht viel zu sagen war, wie aus dem alten Janam Sākhī deutlich hervorgeht. Die spätere Sage, welche eine Kenntniss aller einzelnen Lebensumstände Nānak’s zu haben vorgibt, sah sich daher gezwungen, einen Gewährsmann für ihre Angaben in Bhāī Bālā aufzustellen, welcher der beständige Begleiter Nānak’s gewesen sein soll, während das ältere Janam-sākhī auch nicht einmal seinen Namen erwähnt, sondern ganz andere Begleiter Nānak’s bei seinen verschiedenen Wanderungen namhaft macht.
Wir wollen nun hier kurz zusammenstellen was das ältere Janam-sākhī über Nānak’s weiteren Lebensgang zu sagen weiss.
Seine erste Wanderung soll er nach dem Osten gemacht haben; dort soll er zu einem Shēkh Saǰan gekommen sein, der für Hindūs einen Tempel und für Muhammedaner eine Moschee gebaut hatte. Er nahm alle, die zu ihm kamen, freundlich auf, ermordete sie jedoch im Schlafe und raubte ihr Gut. Nānak durchschaute
E. Trumpp: Nanak, der Stifter der Sikh-Religion., München 1876, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nanak_der_Stifter_der_Sikh-Religion.djvu/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)