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nämlich: नाम, दान, इस्नान (den Namen Hari’s murmeln, Almosen geben, Ablution) vermag dem Mangel aller und jeder ethischen Vorschriften, die in diesem System eigentlich gar keinen Plaz finden können, nicht abzuhelfen. Von der abgöttischen Verehrung der Kuh dagegen, wie sie später unter den Sikhs, gleichsam als Surrogat für den Wegfall jedes äusserlichen Objects der Verehrung (ausser des Granth’s selbst) aufgekommen ist, ist im Granth noch keine Spur zu finden.

Die hohe Stellung, welche der Guru für sich in Anspruch nahm, musste nothwendigerweise zu einer Vergötterung desselben führen, und wenn sich auch noch Nānak bescheiden als einen elenden Sünder bekannte, so scheuten sich doch bald die folgenden Gurus nicht mehr, den Guru geradezu mit dem höchsten Wesen zu identificiren[1]. Die Folge davon war eine Menschenvergötterung, wie sie kaum je dagewesen ist. Hab und Gut, Leib und Leben wurde dem Guru zum Opfer gebracht in einer Weise, die oft unser moralisches Gefühl empört. Es war daher ein grosses Glück für die freiere und reinere Entwicklung der Sikh Gemeinschaft, dass mit dem zehnten Guru Gōvind Singh die Guruschaft ganz in Abgang kam.

Man sieht aus dem Gesagten , wie unrichtig es ist, wenn man den Sikhs eine sublime Moral hat andichten wollen, wie das Cunningham gethan hat; man muss sich vielmehr darüber wundern, dass unter einer solchen Instruction ihr gesunder Sinn ihnen nicht ganz abhanden gekommen ist. Mit solchen Vorschriften hätten die Schüler Nānaks unfehlbar brütende Mönche werden müssen, die, der Welt absagend, sich in enge klösterliche Gemeinschaften eingeschlossen hätten, wie andere vor ihnen gethan hatten, wenn nicht Nānak, durch seine vielfachen Streitigkeiten mit den Jōgīs und durch seine persönliche Erfahrung von der Nichtswürdigkeit der Bettelmönche dazu veranlasst, seinen Schülern befohlen hätte, nicht aus der Welt auszutreten, sondern im gewohnten bürgerlichen Leben

zu verbleiben. Dies ist das einzig gesunde, was wir in dieser Hinsicht

  1. Cf. Rāg Asā, Sabd 134, 3. 4.
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E. Trumpp: Nanak, der Stifter der Sikh-Religion., München 1876, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nanak_der_Stifter_der_Sikh-Religion.djvu/31&oldid=- (Version vom 1.8.2018)