Seite:Neuda-Stunden der Andacht-1858.pdf/146

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

uns ein blumenloser Steinweg ist, von Unglück umdunkelt, von Dürftigkeit verödet: wohin führt er anders als an die Pforten des Todes! Und diese öffnen sich für uns, ob wir in der Blüthe jugendlicher Schöne, oder von Alter geknickt da stehen. Das Reich des Todes nimmt uns auf, und wir werden zu Moder und Asche; und das, womit wir so oft in thörichtem Dünkel groß gethan, in Stolz und Hochmuth geprunkt, und darüber so oft das Edle und Bessere vergessen und verachtet haben – sinkt in Trümmer und Verfall.

Doch nur die Hülle sinkt zusammen, aber das eigentliche Wesen bleibt unvergänglich; die morsche Hütte bricht, aber der Geist steigt auf in seine ewigen Wohnungen des Jenseits! Wohl ihm, wenn er seiner Bestimmung getreu seine Erdenpilgerschaft vollbracht hat; wenn er in allen Kämpfen und Mühen des Lebens nie sein ewiges Heil außer Acht gelassen; wenn er gereinigt und verklärt, begleitet von Werken der Liebe und Gerechtigkeit, zur ewigen Herrlichkeit eingeht! –

Lerne du, mein Herz, hier das Leben würdigen, lerne gebrauchen die Tage des Glückes, wie die Tage des Mißgeschickes zum Heil und zur Bildung deines unsterblichen Geistes, damit ich ohne Bedauern und Reue am letzten meiner Tage darauf zurückblicken kann, und meine Seele in Frieden und Seligkeit zu meinen Vorfahren eingehe. Dies sei dein Wille, Herr, mein Gott, dazu gib mir deinen Segen und deine Kraft. Amen.


Am Laubhüttenfest beim Kreisgang mit dem Lulaw und Esrosg.

„Ich wasche meine Hände in Reinheit
Und umringt deinen Altar, o Ewiger.”
 (Psalm 26, 6.)

Herr des Weltalls, reich geschmückt mit deinen Gaben und Segnungen hast du die Natur. Das Thal mit seinem üppigen Grün, der Berg mit seinem Kranz von Wäldern, das Gefilde mit seiner lachenden Frucht ist ein Erzeugniß deiner Gnade, zum Segen deiner Menschenkinder, zur Nahrung ihres Leibes, zur Stillung ihrer Bedürfnisse, zur Ergötzung ihres Auges, zum Balsam

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)