seyn?“ – Dann führt freylich der Weg, den er geht, Studium der Natur, zu Erlangung einer eigenthümlichen Manier, (welche aber eigentlich die allgemeine seyn sollte) am sichersten. Doch wünschte ich diesem Manne, der auch außer vielen Fähigkeiten für die Kunst auch noch einen sehr guten Charakter besitzen soll, daß er nun bald in seinem Fache zu dem Schooße der rechtgläubigen Gemeinde zurückkehren, Studium der Natur mit Kenntniß des Edeln, mit Aufopferung einzeler zerstreuender Theile für die Hauptwirkung, mit Befolgung jener, seit ewigen Zeiten festgesetzten Regeln der Schönheit und Vollkommenheit vereinigen, und so der Mann werden möge, den er uns bey seiner ersten Erscheinung versprach. Weit mehr als seine ausgestellten Gemälde bestätigte diese Hofnung eine mit ausgesparten Lichtern getuschte Zeichnung, die einen finstern, heiligen Schauer erweckenden Wald, und in dessen Mitte einen ehrwürdigen Tempel darstellte.
Seydelmann, auch ein Schüler von Mengs – der aber, wie Ihnen bekannt ist, die für einen jungen Mann seltene Resignation besitzt, sich vorzüglich auf Ein Fach, auf das Fach der Zeichnung in seiner eignen treflichen Manier einschränken zu wollen – ein gewisser Weg in einer Sphäre einzig und groß zu werden! – hatte uns vier herrliche Zeichnungen geliefert, und ich sollte kaum glauben, daß es möglich wäre, mit mehrerm Geiste in den Geist des Malers, den er kopirt, einzudringen. Die Zeichnung nach der berühmten
Unbekannt: Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahres 1781. Dyckische Buchhandlung, Leipzig 1781, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Bibliothek_der_sch%C3%B6nen_Wissenschaften_Gem%C3%A4ldeausstellung_Dresden_1781.djvu/11&oldid=- (Version vom 29.9.2024)