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Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/117

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Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz

In Görlitz also wusste man nur zu gut, dass die Zinnenmauer bloss das Bautzner Stadtwappen sei, und dies als Landeswappen anzuerkennen, dagegen sträubte sich die althergebrachte Eifersucht von Görlitz gegen Bautzen. Nur wenige Jahre später bot sich eine Gelegenheit für Görlitz, diesem Protest energischen Ausdruck zu verleihen. Im Jahre 1532 musste auch die gesammte Oberlausitz ihr Truppencontingent gegen die Türken stellen. Zittau war zum Sammelplatze bestimmt worden. Die Bautzner brachten dahin eine Fahne mit ihren Stadtfarben, Blau und Gelb, welche als gemeinschaftliches Banner dienen sollte. Die Görlitzer dagegen erschienen mit einer Fahne aus Weiss und Roth, ihren eignen Stadtfarben, hatten in diese Farben auch all ihre Kriegsknechte gekleidet und weigerten sich entschieden, unter dem blau-gelben Banner ins Feld zu ziehen. Der Hader zwischen den Rathsherren der Städte ergriff auch die Knechte. Der Görlitzer Stadtschreiber Johann Hass gerieth persönlich in grosse Gefahr und fürchtete den Ausbruch eines allgemeinen „Scharmützels“. Endlich gaben die übrigen fünf Städte nach und bewilligten den Görlitzern, dass eine Fahne aus den kombinierten Farben von Bautzen und Görlitz angefertigt wurde „einen striech bloe, als der von Budissin, dornoch weiss, als der von Gorlitz, dornoch gele, als der von Budissin, und zum vierden rote, als die von Gorlitz farbe“.[1] Demnach galten also damals auch Blau und Gelb noch keineswegs als die allgemeinen Landesfarben.

Wenige Jahre später (1544) suchte König Ferdinand I.[2] eine Menge theils zwischen der Ritterschaft und den Sechsstädten, theils zwischen diesen unter einander schwebender Differenzpunkte zu erledigen. Hierbei geschah auch der Frage wegen des Landeswappens Erwähnung. Es war dem Könige „folgende Meinung vorgetragen“ und „unterschiedlich erzählet worden“, es „wäre vorbemeldte unser Stadt Budissin mit einer sonderlichen, nahmhaften Begabung, auch mit Helm und Schild gleich dem Landstand versehen, derwegen dann die Stadt des Landes, unseres


  1. N. Script, rer. Lus. IV, 288 fgg.
  2. Das Majestätssiegel Ferdinands, wie es z. B. an einer Urkunde vom 30. April 1528 (Bestätigung der Tuchmacherordnung zu Görlitz) hängt, enthält, wie das seines Schwagers und Vorgängers Ludwig II., um den Hauptschild in der Mitte sechs Nebenschilde, von denen links (nicht heraldisch) der dritte und unterste die Zinnenmauer, rechts der mittelste den Ochsen zeigt.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde. Dritter Band, Zweites Heft. Wilhelm Baensch Verlagshandlung, Dresden 1882, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/117&oldid=- (Version vom 1.8.2018)