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muss daher annehmen, dass die Gewichte der Theile sich im Gleichgewicht befinden, d. h. dass die Wirkung der Schwere wechselseitig und gleich sei.

Die Gewichte gleich weit vom Mittelpuncte der Erde entfernter Körper sind den, in ihnen enthaltenen, Mengen der Materie proportional. Man schliesst dies aus der gleichen Beschleunigung aller Körper, welche vom Zustande der Ruhe ab, vermöge der Kräfte ihrer Gewichte, fallen; denn die Kräfte, durch welche ungleiche Körper gleich beschleunigt werden, müssen der Menge der zu bewegenden Materie proportional sein. Dass aber alle fallenden Körper gleich stark beschleunigt werden, erhellt daraus, dass sie im Boyle’schen Vacuum in gleichen Zeiten durch gleiche Räume fallen, indem hier nämlich der Widerstand der Luft aufgehoben ist. Genauer wird dies durch Pendelversuche bewiesen.

Die anziehenden Kräfte der Körper verhalten sich in gleichen Abständen, wie die Menge der in denselben befindlichen Materie. Da nämlich die Körper gegen die Erde, und umgekehrt diese gegen jene gleich schwer ist, so wird das Gewicht der Erde gegen jeden Körper oder die Kraft, womit der Körper die Erde anzieht, dem Gewicht desselben Körpers gegen die Erde gleich sein. Dieses Gewicht wird aber der Menge der Materie im Körper proportional sein, daher wird auch die Kraft, womit jeder Körper die Erde anzieht, d. h. seine absolute Kraft derselben Menge der Materie proportional sein.

Die anziehende Kraft der ganzen Körper entspringt demnach und wird zusammengesetzt aus den anziehenden Kräften der Theile, indem bei vermehrter oder verminderter Last der Materie, wie gezeigt worden ist, die Kraft proportional vermehrt oder vermindert wird. Man muss daher annehmen, dass die Wirksamkeit der Erde aus der vereinigten Wirksamkeit Ihrer Theile zusammengesetzt werde, dass folglich alle irdischen Körper sich gegenseitig mit absoluten Kräften anziehen, welche im Verhältniss der anziehenden Materie stehen. Dies ist die Natur der Schwere auf der Erde; sehen wir nun, wie sie am Himmel beschaffen ist.

Dass jeder Körper in seinem Zustande der Ruhe, oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung verharre, wofern er nicht durch einwirkende Körper gezwungen wird, jenen Zustand zu verändern, ist ein von allen Gelehrten angenommenes Naturgesetz. Hieraus folgt aber, dass Körper, welche sich in Curven bewegen, also von den ihre Bahnen berührenden geraden Linien beständig abweichen, durch irgend eine fortwährend wirkende Kraft in ihrer krummlinigen Bewegung zurückgehalten werden. Da die Planeten sich in krummen Bahnen bewegen, muss nothwendig irgend eine Kraft da sein, durch deren wiederholte Wirksamkeit sie unaufhörlich von ihren Tangenten abgelenkt werden.

Nun muss man billiger Weise dasjenige zugeben, was durch mathematische Schlussweise auf’s bestimmteste erwiesen wird, dass nämlich alle Körper, welche sich in irgend einer in der Ebene befindlichen Curve bewegen und welche mit den, nach einem entweder ruhenden oder beliebig

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Isaac Newton: Mathematische Prinzipien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)