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[NEW 1], aber ohne wechselseitige Einwirkung; denn Gott erleidet nichts durch die Bewegung der Körper und seine Allgegenwart lässt sie keinen Widerstand empfinden. Es ist klar, dass der höchste Gott nothwendig existire, und vermöge derselben Nothwendigkeit existirt er überall und zu jeder Zeit. Hieraus folgt auch, dass er durchaus sich selbst ähnlich ist, ganz Ohr, Auge, Gehirn, Arm, Gefühl, Einsicht und Wirksamkeit auf eine keineswegs menschliche und noch weniger körperliche, sondern durchaus unbekannte Weise. Eben so wie der Blinde keine Idee von den Farben hat, haben wir auch durchaus keine Idee von der Weise, wie der weiseste Gott fühlt und alle Dinge erkennt. Er hat weder einen Körper, noch eine körperliche Gestalt; er kann also weder gesehen, noch gehört, noch berührt werden, und man darf ihn unter keiner fühlbaren Gestalt anbeten. Wir haben wohl eine Vorstellung von seinen Eigenschaften, aber keine von seinen Bestandtheilen. Wir sehen nur die Gestalt und Farbe der Körper, wir hören ihre Töne, wir fühlen ihre äussere Oberfläche, wir riechen und schmecken sie; was aber die inneren Substanzen betrifft, so erkennen wir sie weder durch irgend einen Sinn, noch durch Nachdenken, und noch weniger haben wir eine Vorstellung von der Substanz Gottes. Wir kennen ihn nur durch seine Eigenschaften und Attribute, durch die höchst weise und vorzügliche Einrichtung aller Dinge und durch ihre Endursachen; wir bewundern ihn wegen seiner Vollkommenheiten, wir verehren und beten ihn an wegen seiner Herrschaft. Wir als Unterthanen beten ihn an, denn Gott ohne Vorsehung, ohne Herrschaft und ohne Endursachen ist nichts anderes, als die Bestimmung (Fatum) und die Natur.

Die blinde metaphysische Nothwendigkeit, welche stets und überall dieselbe ist, kann keine Veränderung der Dinge hervorbringen; die ganze, in Bezug auf Zeit und Ort herrschende Verschiedenheit aller Dinge kann nur von dem Willen und der Weisheit eines nothwendig existirenden Wesens herrühren. Man sagt allegorisch: Gott sieht, hört, redet, lacht, liebt, hasst, wünscht, giebt, nimmt an, freut sich, zürnt, kämpft, arbeitet, bauet, construirt; weil alles dasjenige, was man von


  1. Die Alten hatten diesen Gedanken, wie aus der Weise hervorzugehen scheint, nach welcher sich Pythagoras nach Cicero de natura deorum Lib. I. und Thales und Anaxagoras ausdrücken. Eben so Virgil in Georgicon, Buch IV., V. 220. und Aeneis, Buch VI., V. 721.; Philo im Anfange des Buches I. der Allegorie und Aratus in seinen Erscheinungen (Phaenomena). Eben so verhält es sich in der heiligen Schrift: Paulus, Apostelgeschichte, Cap. XVII., V. 27. und 28.; Johannes in seinem Evangelium, Cap. XIV., V. 2.; Moses im Deuteronomium, Cap. IV., V. 39. und Cap. X., V. 14.; David in Psalm 139., V. 7., 8. und 9., Salomon im 1. Buch der Könige, Cap. VIII., V. 27.; Hiob, Cap. XXII. V. 12., 13. und 14.; Jeremias, Cap. XXIII., V. 23. und 24. Die Heiden dachten sich, dass die Sonne, der Mond, die Sterne, die Seelen der Menschen und alle anderen Theile der Welt Stücke des höchsten Wesens ausmachten; und dass man ihnen Verehrung schuldig sei.
    Bemerkung des Verfassers.
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Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 510. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/518&oldid=- (Version vom 12.5.2018)