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Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2

des Nils mit dem rothen Meere sei möglich, sei schon vorhanden gewesen und müsse wieder hergestellt werden.“

Der unbekannte Zeichner einer Seekarte aus dem Jahre 1424, welche sich auf der Bibliothek zu Weimar befindet, hat gleichfalls denselben Plan gehabt, denn er verbindet, wenn auch nur mit der Feder, den Nil mit dem rothen Meere durch einen breiten Wasserstrom.

Der Sultan Mustapha II. (1754–744)[1] dachte ebenfalls an die Verwirklichung des alten Projectes und veranlaßte den in der Welt umherstreifenden Baron Tott[2], ihm eine Denkschrift darüber zu schreiben. Tott begriff die große Idee vollkommen und sagt: „Wenn Mustapha lange genug gelebt hätte, das Werk auszuführen, so würde er mit Ueberwindung geringer Schwierigkeit eine Umwälzung bewirkt haben, wie sie in der Politik nur je möglich gewesen.“

Der letzte Abschnitt der Suez-Canal-Unternehmungen begann mit der französischen Expedition nach Aegypten, an deren Spitze der junge General Bonaparte stand, dessen alleserfassender Genius die Wichtigkeit des Suez-Canals sofort erkannte und an die Vollendung desselben weitschauende Pläne knüpfte. Nach der Schlacht bei den Pyramiden begab er sich in eigener Person von Cairo nach Suez. Als er eines Tages das Gestade des roten Meeres untersuchte, trat dasselbe ganz unerwartet so gewaltig über sein Ufer hinaus, daß er ohne die wunderbare Schnelligkeit seines arabischen Pferdes, fast an der derselben Stelle, die wir für das feuchte Grab des den Juden nachsetzenden Pharaonen-Heeres halten müssen, ein Raub der Wogen geworden wäre. Als der General später den Isthmus von Suez genau untersuchte und Berthollet[3] das Bett des alten Canals auffand, so rief er: „Messieurs, nous sommes en plein canal des Pharaons!“ Schon im Jahre 1799 setzte Bonaparte eine Commission ein, die er mit der Untersuchung der Localverhältnisse betraute. Als er nach Europa zurückgekehrt war, erschien eine von Lepère im Namen der Commission verfasste, äußerst reichhaltige Denkschrift, welche den Rath erteilt, dem alten ptolemäischen Bau zu folgen und den nur für große Barken zugänglichen Canal vom Nile nach dem rothen Meere zu bauen; die Durchstechung der Landenge aber aus verschiedenen Gründen, besonders weil man gefunden habe, daß das rothe Meer um 9,908 Meter höher liege, als das mittelländische Meer, aufzugeben. Dieser auch in

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gemeint sein können nur die türkischen Sultane Osman III., der ein Sohn des Sultans Mustafa II. war (Regierungszeit 1754-1757) oder Mustafa III. (Regierungszeit 1757-1774).
  2. Der französische Offizier François Baron de Tott (1733-1793) war als Berater in osmanischen Diensten tätig.
  3. Der Chemiker und Arzt Claude-Louis Berthollet begleitete Napoleon nach Ägypten.
Empfohlene Zitierweise:
Georg Ebers: Der Canal von Suez. Aus: Nordische Revue. Band 2. Leipzig: Veit und Comp. 1864, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nordische_Revue_Band_2_(1864)_008.jpg&oldid=- (Version vom 18.12.2016)