Seite:OAB Freudenstadt 155.png

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bilden mit breiten und schnurgeraden Straßen und jede Hofstatt 60 Fuß lang, 40 breit und von der andern 4 Fuß entfernt sein. Die Namen der Thore, der öffentlichen Plätze und der Straßen zeichnete Friedrich selbst in den Plan ein. Die Ansiedler erhielten die Bauplätze und das Bauholz unentgeldlich und wurden mit verschiedenen Privilegien versehen, wie denn überhaupt die dem St. Christophsthal eingeräumten Rechte und Freiheiten auf die werdende Stadt übertragen wurden. Die Laboranten in Christophsthal konnten gegen Erlegung eines Ducaten sich in das Bürgerrecht der letzteren aufnehmen lassen und in den Genuß aller bürgerlichen Rechte eintreten, so wie sie andererseits auch alle Lasten mit Frohnen und Wachen leisten mußten. (Vergl. Christophsthal.) Den 22. März 1599 begann der Bau (Steinhofer Wirt. Chron. I, 426), der Herzog selbst sah öfters nach und ermunterte, auf einem Baumstrunk sitzend, die Arbeiter zum Fleiß. So erhob sich schnell eine Stadt, welche 1602 schon die vier Seiten des großen Marktes fertig hatte und 80 Häuser, 1609 aber 350 Bürger und über 2000 Einwohner zählte. Bald war auch ein bereits am 13. Juli 1602 eingeweihter Galgen errichtet. Wegen ihres glücklichen Gedeihens wurde die Stadt noch unter ihrem Gründer[1] die „Freudenstadt“ genannt. Der Herzog wollte die neue Stadt auch mit Mauern, Wall und Graben umgeben, aber sein Tod hinderte ihn daran, und so blieb für die Stadt, welche Herzog Friedrichs Sohn, Herzog Johann Friedrich, hauptsächlich als Handelsort empor zu bringen bemüht war, lange Zeit ein starker hölzerner Zaun ohne Thore die einzige Umfriedigung, außerhalb welcher dieselbe ein Kranz von Gärten umgab. „Dem Lande incorporirt“ wurde Freudenstadt durch Landtagsabschied vom 17. Aug. 1618 (Landesgrundverfassung 383). Friedrichs Enkel, Herzog Eberhard III., beschloß aus der Stadt eine Festung zu machen; 1659 forderte er hiezu von den Landständen einen Geldbeitrag; diese jedoch schlugen ihm sein Begehren ab, weil sie dazu nicht verbunden seyen, es ihnen auch an den erforderlichen Mitteln fehle. Vergebens ließ der Herzog ihnen vorstellen, die Kosten seyen nicht so groß, desto größer aber der Nutzen, welchen das Land von einer solchen Hauptfestung ziehen würde, indem es von ihr „mehreren Schutz, Rettung und Defension“ zu gewarten habe und im Nothfall Herrschaft und Unterthanen sich dahin flüchten und, was


  1. So nennt sie z. B. Herzog Friedrich selbst in einem Schreiben vom 25. Mai 1604 an die Stadt Eßlingen. Auch heißt sie so bereits in dem 1603 zu Tübingen gedruckten „Württembergischen New Jahr“ von Cellius. Als weitere Benennung kommt ursprgl. auch vor: Friedrichs Freudenstadt.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_155.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)