Seite:OAB Freudenstadt 268.png

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einer 1/2 Stunde langer Wasserleitung gespeist werden. Die Einwohner besitzen neben ihren nicht unbeträchtlichen Feldgütern bedeutende Waldungen und treiben Handel mit Holz, welches auf der Kinzig und Lauter verflößt wird.

Bei minder günstigen natürlichen Verhältnissen (rauhes Klima und etwas magerer Sandboden) wird die Landwirthschaft im Dreifeldersystem mit 2/3 angeblümter Brache möglichst gut betrieben und ein sehr tüchtiger Viehstand gehalten. Der Anbau wie der Ertrag der Felder steht auf der gleichen Stufe wie in Loßburg (s. dieses)[1].

c. Der Weiler Ödenwald liegt, rings mit Wald umgeben, 11/2 Stunden südlich von Freudenstadt, 1 Stunde westlich von Loßburg und 1/2 Stunde nördlich von Schömberg und zerfällt in 2 Gruppen, nämlich in die auf dem Flachrücken zwischen den Anfängen des Kinzig- und des Lohmühlebach-Thales gelegenen sehr ansehnlichen 2 Bauernhöfe und in die etwas tiefer an dem Lohmühlebach gelegenen Gebäude einer chemischen Fabrik. Gutes Trinkwasser liefert für die Höfe ein von dem Bauern Andreas Kilgus im Jahr 1780 errichteter und von dessen Sohn 1795 verschönerter, reich ausgestatteter laufender Brunnen, dessen Wasser 1/4 Stunde weit in Teicheln hergeleitet wird. Der Fabrikort ist ebenfalls mit Trinkwasser versehen, auch lauft an den Gebäuden der Lohmühlebach vorüber, der nicht nur in den Fabrikwerken thätig ist, sondern auch unterhalb zu einem Weiher geschwellt, eine Sägmühle in Bewegung setzt.

Der landwirthschaftliche Betrieb der Hofbauern ist weniger bedeutend, als die Nutzung ihrer beträchtlichen Waldungen, aus denen sie alljährlich mehrere Flöße auf der Kinzig und Lauter abgehen lassen. Der Wiesenbau ist ziemlich bedeutend und durch Dungmittel aus der chemischen Fabrik in sehr gutem Stand erhalten.

Die Fabrikgebäude bilden eine enge zusammen gebaute Gruppe, in deren Mitte das in einem sehr ansprechenden Schweizerstyl erbaute Wohngebäude steht. Die Fabrik wurde im Jahr 1811 von Otto Pauli aus Landau und dessen Schwager, Apotheker Merkle in Freudenstadt errichtet und besteht gegenwärtig unter der Firma Zöppritz u. Comp.; sie liefert: kohlensaures und salzsaures Ammonium, blausaures Kali, Salzsäure, Glaubersalz, Soda, Berlinerblau, Beinschwarz, Knochengallerte, Salmiakgeist, Chlorkalk, thierische Kohle und sehr viel Phosphor. Diese Fabrikate, welche wegen ihrer besondern chemischen Reinheit sich einen bedeutenden Ruf erworben haben, gehen meist in die Schweiz, auch nach Frankreich, Baden und Bayern. Die Fabrik


  1. Büchenberger, Rechtsalterthümer s. bei Grimm, Weisthümer 1, 394.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Freudenstadt. Karl Aue, Stuttgart 1858, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Freudenstadt_268.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)