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Am Stefanstag muß man die Pferde über die Markung hinausreiten, damit sie keine Darmgicht bekommen, und das Vieh unbeschrieen 9 mal putzen, sonst wird es lausig. Früher sah man auch die Sternsänger durch den Ort gehen.

An der Fastnacht werden „Küchle“ gebacken. Das übrige Schmalz dient dazu, die Jochriemen, auch die Achsen am Erntewagen zu schmieren, zum Schutz gegen Ratten und Mäuse. Ebenso macht der Bauer die Strohbänder an Fastnacht, daß die Mäuse nicht in die Frucht kommen. Wer an der Fastnacht zuerst aufsteht, ist das ganze Jahr voran. Bei Nachtessen an Fastnacht wird von jeder „Richt“ etwas in ein Gefäß gelegt und dem Fuchs hinausgetragen, damit er die Hühner nicht holt.

An St. Valentinstag 14. Februar gedeiht kein Geschäft, das man neu unternimmt, es fällt dahin.

Karfreitag. Nachts 12 Uhr ist Wasser Wein. Baden in fließendem Wasser vor Sonnenaufgang ist ein Heilmittel gegen alle Hautkrankheiten. Wasser, beim „Schiedläuten“ d. h. dem Zusammenläuten nach dem Gottesdienst, in Bölgenthal Wasser, aus dem Osterbrunnen vor Sonnenaufgang geholt, wird für alle Schäden das Jahr durch aufbewahrt. Vor Sonnenaufgang wird Immergrün gepflückt und ins Hühnernest gelegt, daß „nichts Böses beikommen kann.“ (Bronnholzheim.) Ein Schnitt in ein Holz an diesem Tag vertreibt die Hexen.

Ostern. Eierlesen in Ellrichshausen ist neuerdings aufgekommen.

Himmelfahrt. Allgemein werden die Himmelfahrtsblümchen gesammelt zum Schutz gegen Wetterschlag. Pfingsten. Das Maienstecken hat sich, jedoch sehr beschränkt, erhalten.

An Hiob muß man Bohnen stecken (9. Mai), am Hanstack, an St. Joh. Baptist den 24. Juni die Zwiebeln niedertreten. „Niederfallet“ ist am Schluß der Winterfruchternte.

Zur Kirchweih wird Plâtz gebacken, Kraut und Fleisch reichlich auf den Tisch gebracht. Nach dem Nachmittagsgottesdienst beginnt das „Tellerlesgspiel“ an manchen Orten. Früher war auch der „Hammel-“ oder Maientanz gebräuchlich. Die ledige Jugend und die dazu eingefangenen Schulkinder tanzten um einen Maien. Wer bei dem auf ein Zeichen ertönenden Schuß die herumgehende Ruthe in der Hand hatte, war der glückliche Gewinner. Jetzt ist die Sitte seltener geworden. Am Kirchweihtanz betheiligt sich, was noch irgend tanzen kann.


2. Die Sitte im Menschenleben von der Wiege bis zum Grab.

Eine Frau darf, während sie mit dem Kind geht, nirgends durchschlüpfen und nie über einen kreuzartigen Gegenstand, z. B. eine Pflugschleife, schreiten. Bei der Geburt eines Kindes (aber auch beim Kalben einer Kuh) darf nichts ausgeliehen werden. Bis zur Taufe muß des Nachts ein Licht brennen und dem Kind ein Gebetbuch in die Wiege gelegt werden. Auch darf es keinem Fremden gezeigt werden. Die Taufen sind feierlich und immer ein von dem übrigen Gottesdienst gesonderter Akt mit Gesang und Schießen bei Knaben. Die Zahl

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Crailsheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1884, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OACrailsheim0111.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)