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Gefängniß geworfen, ohnerachtet die armen Kindbetterinnen ihrer allein bis gegen Tag oder Morgen zu verschonen, knieend vnd flehentlichst gebeten.“ Selbst das weibliche Geschlecht bethätigte einen bewundernswerthen Muth; [1] wie konnte da das männliche zurückstehen! Am 21. Mai 1644 versammelten sich denn auch die Bürger und hielten Durchgang; es waren ihrer 180. Alle beschloßen einmüthig: „sie wollen verbleiben, wie man gehuldigt vnd geschworen, auch getauft vnd erzogen“ — nur Einer, der Schmied Leonhard Mayer, erklärte: „ehe er sich wolle in Thurm legen, ehe wolle er seine Kinder katholisch taufen lassen.“ Nun aber wurde diese Versammlung und eine wiederholte Bitte bei Herzog Eberhard um Verwendung, für eine „Conjuration“ erklärt, und den Bürgern eine „höchstverderbliche Soldatenpresse,“ die bis 1. August andauerte, eingelegt. Dieß wirkte. Am 10. Juli (alten Styls) beschloß Gericht und Rath, unter Zustimmung der Bürgerschaft: „den erzfürstlichen Befehlen zu pariren, doch in der Hoffnung stehend und bittend, daß es bei diesen beiden Punkten (Taufe und Copulation) verbleiben oder im Widrigen ihnen der landgebräuchige Abzug zuversichtlich nicht verwehrt seyn werde.“ — Gleichwohl blieben die Meisten ihrem Glauben treu; denn der Pfarrer von Holzheim besuchte nächtlicher Weile ihre Häuser, um Kinder zu taufen, während andere in Ulm’sche Orte zur Taufe heimlich getragen wurden. Im Oktober 1647, bis wohin die Bürger die Predigten in einigen noch bewohnten Orten der Umgegend besucht hatten, wurde — neben dem katholischen in der Stiftskirche — der evangelische Gottesdienst in der Stadt selbst wieder gefeiert. Aber erst im December 1648 war es, wo die Jesuiten das Stift und den Adelberger Hof wieder räumten. (S. oben S. 102.) Inzwischen dauerte das Kriegsungemach fort. Noch im December 1646 zeigte es sich, „daß gleichsam kein Mensch mehr vff den Dorfschaften sich blicken lassen darf, inmaßen bereits, wie es der leidige Augenschein beweist, ganz Stadt vnd Ampt in der Ringmauern elendiglich bey einander stecken vnd sich kümmerlich vffhalten muß." Am 8. Januar 1648 ward die Stadt von den bayrischen Völkern noch einmal eingenommen, welche bald darauf durch die Schweden unter General Wrangel, der sofort hier sein Hauptquartier aufschlug, wieder vertrieben wurden.

Als 1688 fast ganz Württemberg der Raub- und Plünderungs-Lust französischer Horden unter den Befehlen des Generals Melac

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_142.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Im J. 1707 sagte ein alter Richter der Stadt eidlich aus: zu jener Zeit habe die Wirthin zum Sand „einem Pfaffen in allhiesiger Stadtkirch im Predigen Einhalt gethan, da sie denselben mit Assistenz anderer Weiber von der Kanzel herab und zu der Kirchthüre hinausgeführt.“