Seite:OAGöppingen 172.png

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Risse; der tiefe Graben, welcher einst das ganze Schloß umfing, ist nun trocken gelegt und die ehemalige Zugbrücke durch eine stehende Brücke ersetzt. Das Schloß ist dem Zerfalle nahe und ganz unbewohnt. An die hintere Seite schließt sich ein fast 10 M. großer Obst- und Gemüse-Garten an, wo sich ein Brunnen befindet, der ein dem Boller ähnliches Schwefelwasser enthält. Zur Seite des Schlosses stehen mehrere Ökonomiegebäude, in deren einem der gutsherrschaftliche Jäger wohnt. Die Kirche zu St. Kilian und Cyriacus steht auf einer kleinen Anhöhe im Dorfe, hat ein gefälliges Aussehen, wurde aber erst nach der Reformation, wahrscheinlich im J. 1583, erbaut. Einen Chor hat sie nicht. Kirche und Thurm wurden 1811 durch einen Blitzstrahl beschädigt. Der Hochaltar zeigt das Bild des h. Kilian. Sie hat zwei Gruften: die eine, bei der Sakristei, für die v. Westerstetten und v. Zillenhardt; die andere, im hintern Theil der Kirche, für die v. Degenfeld. Auf einer Seite der Wand stehen einige aus Stein gehauene Bilder der von Zillenhardt, geharnischt und in Lebensgröße. Gegenüber sind 5 runde Wappenschilde angebracht, wovon einer die Aufschrift hat: »Ludovicus de Graveneck † 1334.« Die Baulast liegt der Stiftungspflege ob. Neben der Kirche, gleichfalls auf einer Anhöhe, liegt angenehm und freundlich das vom Staate zu erhaltende Pfarrhaus. Ein Gemeindebackhaus wurde noch nicht lange errichtet. In dem nunmehrigen Wirthshaus zum Adler war das hienach zu erwähnende Capuzinerhospitium untergebracht.

Der Lettenboden ist vorherrschend, für den Getreidebau zu schwer, und kann daher nur mit äußerster Mühe gebaut werden. Den zahlreichen Obstbäumen sind die Nachtfröste ebenso verderblich, wie in Boll. (S. auch oben S. 23.) Mit diesem hat Dürnau hinsichtlich des landwirthschaftlichen Betriebs viele Ähnlichkeit. Doch herrscht der Anbau der Kartoffeln, die an Zehenten schon 800 Sri. ertrugen, vor. Die Markung ist für die Zahl der Einwohner, die — selbst nicht wohlhabend — einen schönen Wohlthätigkeitssinn bewähren, zu klein. Die Zahl der Gewerbe beträgt etwa 100, worunter 1 Ölmüller und viele für Fabriken um den Lohn arbeitende Leineweber. Im J. 1759 wurden hier 118 Bürger gezählt, wovon 43 Gewerbe betrieben. Das Marktrecht wurde erst in neuerer Zeit verliehen.

Das Patronatrecht steht in der Art der Gutsherrschaft zu, daß sie aus 3 durch das k. Consistorium zu präsentirenden Candidaten einen auf die Pfarrei ernennt. Filial von Dürnau ist Gammelshausen. Die Katholiken sind nach Mühlhausen, O.A. Geislingen, eingepfarrt. An der Schule stehen ein Schulmeister und ein Gehülfe. Eine Industrieschule wurde 1839 gegründet. Der Gottesacker außerhalb des Ortes wurde 1838 angelegt.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_172.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)