Seite:OAGaildorf 190.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

vorbeifließende helle Rothflüßchen ergießt. Es ist der Sitz des Rentbeamten der Standesherrschaft Limpurg-Ober-Roth, hat ein halbstädtisches Aussehen, ist wohl gebaut und gepflästert. Nahe bei der Roth liegt die schöne aus Quadern erbaute Kirche zum St. Bonifacius. Ein Stein über einer der Thüren zeigt in erhabener Arbeit das Wappen Limpurgs und der von Roth, und den Kloster Murrhardt’schen Abtsstab mit der Jahreszahl 1513. Wahrscheinlich ist das jetzige, 1822 erweiterte Gebäude in diesem Jahr errichtet worden. In der Kirche sind einige sehr schön gearbeitete Denkmale des alten hallischen Geschlechtes der Senften von Sulberg, namentlich von 1614 und 1627. An der Kirchthüre steht ein Gedächtnißstein an Fritz von Roth von 1482. Älter als die Kirche ist der Thurm, von unten hinauf mit schlechten kleinen Steinen aufgemauert, von der Mitte an aber, so wie die Kirche selbst von unten, mit Quadersteinen erbaut; woraus folgen möchte, daß der Thurm ursprünglich nur eine kleine Capelle war. Die drei Glocken sind alt. Die kleine ohne Jahreszahl hat Reliefs: Christus am Kreuz und Mariä Verkündigung; die zweite hat in Minuskeln eine nicht ganz leserliche Umschrift mit der Jahreszahl 1443 (nicht 1404 wie Prescher angibt); die dritte hat die Umschrift: „Osanna heis ich in unser Frauen er leut ich bernhart lachamann gos mich 1496.“ Die Baulast hat der Heilige. Das der Kirche angenehm gegenüberliegende Pfarrhaus hat wegen des Klosters Murrhardt der Staat zu erhalten. Das große Schulhaus wurde 1834 mit einem Aufwande von 5548 fl. durch Umlage auf die Pfarrgemeinde erbaut und das alte Schulhaus zum Rathhaus bestimmt. Der beträchtliche Gemeindeboden ist 1771 unter die Einwohner vertheilt worden. Das Patronatrecht steht der Standesherrschaft Limpurg-Waldeck zu. An der Volksschule stehen 1 Schulmeister, 1 Unterlehrer und 1 Gehülfe. Der mit Marhördt gemeinschaftliche Schulfonds beträgt 326 fl. 37 kr. Außerdem ist eine Industrieschule vorhanden, auch wurden früher (noch 1827) die Knaben in einer besondern Baumschule in der Obstzucht unterrichtet. Der Begräbnißplatz liegt außerhalb des Dorfes. 1

Der Ort ist von hohem Alter. Schon 788 schenkte Hiltisnoot, die Tochter eines Suabuled, das neuerrichtete Kloster Baumerlenbach (Oberamts Oehringen) mit Zugehörungen dem Kloster Lorsch an der Bergstraße, und darunter „in Cochengewe in Westheimer marcha, in loco qui dicitur Roadhaha hubas quinque et mansos V... et basilicam illic constructam ad integrum“ (Cod. Lauresham. I. S. 30). Im Jahr 848 gab der Abt Hatto von Fulda tauschweise an einen Grafen Sigehard, was das Kloster Fulda besaß „in pago Cochingowe in duabus villis id est in Rotaha et in Vuestheim –“ (Württemb. Urk. Buch I, 135). Hiermit ist wahrscheinlich Ober-Roth gemeint, obgleich auch

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_190.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)