Seite:OAGaildorf 230.png

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und Frühlingsfrost und kalter Nebel häufig. Das Mineralreich liefert namentlich aus einem Bruche am Dappachthale treffliche feinkörnige Sandsteine von ölgrüner Farbe. Auch Sandmergel und eine Thongrube findet sich. Der Bezirk ist von der Roththal-Straße durchschnitten, in welcher hier die Stuttgart-Backnanger Landstraße über die jetzt in Umbau kommende Schanzsteige (S. 83) einmündet. Auf allen, großen Theils erst in neuerer Zeit angelegten Orten ruhten bis jüngst noch schwere Feudallasten. Die große Mehrzahl ist mit Schulden belastet und hat nur bei ärmlicher Kleidung und Nahrung ihr Auskommen. Ihren Haupterwerb ziehen die Einwohner aus Waldarbeiten; Viehzucht und Ackerbau sind meist untergeordnet. Die Gesammtmarkung ist 72201/8 M. groß, worunter 26963/8 M., also mehr als 1/3 Waldungen, und 9003/8 M. Waiden und Öden; der durchschnittliche Betreff an Baufeld ist 21/4 M. Der Zustand der Landwirthschaft ist mittelmäßig. Im Thale wird Dinkel, Haber und Einkorn, auf den Höhen Roggen und Kartoffeln, die früher sehr gut waren, gebaut. Der Dinkel, wovon der weißliche vorherrscht, wächst im Roththale in vorzüglicher Qualität. Doch befriedigt das Getreide-Erzeugniß den Bedarf der Gemeinde nicht immer; kaum 10 ihrer Angehörigen können Frucht verkaufen. Ein mittelguter M. Ackers

erfordert an Aussaat gibt Ertrag
Dinkel 1 Scheffel 4–41/2 Sch.
Haber 6 Simri 4–41/2 Sch.
Einkorn 5–51/2 Sr. 5 Sch.
Roggen 4 Sr. 10–12 Sr.

Außer dem dreiblättrigen Klee wird seit 10–12 Jahren auch ewiger Klee, Luzerne und Esparsette gebaut. Flachs wird auf den Höhen, Hanf hier und im Thale cultivirt; Reps wird nur in Waldeck, Hopfen aber mehr und mehr gebaut, da der unternehmende Gastgeber Schittenhelm in Vichberg mit einer Anlage von 7000 Stangen rühmlich und glücklich vorangegangen ist. Die Wiesen des Roththales und seiner Seitenthäler sind überaus ergiebig und bedürfen keiner künstlichen Wässerung. Sie gewähren bei dreimaligem Schnitt ein gutes Futter, wovon alljährlich bedeutende Mengen nach Außen verkauft werden. Die wenigen Bergwiesen sind weit geringer. Der M. Ackers wurde vor 1848 zu 80 bis 200 fl., Wiesen zu 200–400 fl. verkauft. Die seit 10 Jahren wieder aufgenommenen Versuche von Weinbau entsprechen der Erwartung nicht. Im Roththale will die Obstzucht schlechthin nicht gedeihen; die an der Straße gestandenen Obstbäume sind, weil der gute Boden nur 1′ tief geht, meist zu Grund gegangen. Auf den Bergen dagegen stehen viele und schöne Obstbäume. Es sind einige kleine Baumschulen vorhanden und die Obstcultur ist neuerlich im Zunehmen. Die Privatwaldungen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_230.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)