Seite:OAHerrenberg 034.png

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welche weniger als 5′ 5″ maßen. Darunter waren ferner 452 Gebrechliche, so daß der Bezirk hierin die 12. Stelle unter sämmtlichen Oberämtern einnimmt; an allgemeiner Körperschwäche litten 96, an Skropheln 22, an Kröpfen 58, an Brüchen 19; unter 10.000 Einwohnern fanden sich 4,4 Taubstumme.

Der Kretinismus findet sich hauptsächlich in den Ortschaften am Fuß der Schönbuchsterrasse, bald mehr bald weniger ausgeprägt, häufig mit Kropf vergesellschaftet. Nach den von Dr. Rösch 1841 vorgenommenen Untersuchungen fanden sich in Unter-Jesingen mit 1322 Einwohnern in 27 Familien 38 kretinische Individuen; in Pfäffingen 449 Einw., in 8 Familien 15; in Entringen 1344 Einw., in 53 Familien 62; in Breitenholz 597 Einw., in 5 Familien 7; in Kayh 611 Einw., in 4 Familien 4; in Mönchberg 458 Einw., in 9 Familien 9; in Rohrau 506 Einw., in 13 Familien 21; in Herrenberg 2247 Einw., in 30 Familien 39.

Erfreulich ist es aber, daß nach neueren Beobachtungen dieses Übel sehr in der Abnahme begriffen ist, wie denn gegenwärtig unter den schulpflichtigen Kindern der Oberamtsstadt kein einziges kretinisches sich findet.

Von weiteren endemischen Krankheiten sind die Skropheln hauptsächlich in der Oberamtsstadt und in Gärtringen verbreitet.

Von Epidemien kamen in den Jahren 1820–1840 besonders häufig Nervenfieber vor; bösartig wurde dasselbe hauptsächlich in Haslach, Kuppingen und Affstätt.

In sittlicher und religiöser Beziehung kann der Bezirk, dessen Bewohner sich im Allgemeinen mehr mit dem Feldbau als mit industriellen Gewerben beschäftigen, unter die besseren gerechnet werden; einzelne Gemeinden gehören zu den geordnetsten des Landes. Die meisten zeichnen sich durch Werthschätzung der kirchlichen Anstalten und Gehorsam gegen die Obrigkeit aus, wie denn auch in den bewegten Jahren 1848 und 1849 im Bezirk keine Störungen der Ordnung vorkamen. Hiemit mag auch die geringe Zahl unehelicher Geburten nicht allein in der Oberamtsstadt, sondern auch in den meisten, besonders den wohlhabenderen Ortschaften in Verbindung stehen, während in den ärmeren Gemeinden Armuth und sittliche Stumpfheit – nicht selten mit kretinischer Anlage verbunden – Hand in Hand gehen.

Die Lebensweise ist durchschnittlich einfach und nüchtern; Sparsamkeit und Fleiß, verbunden mit einer gewissen Höflichkeit und gefälligem Betragen, kann ziemlich allgemein gerühmt werden,

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 034. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_034.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)