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gedeihen, dagegen schaden nicht selten Frühlingsfröste dem Obst und feineren Gewächsen; Hagelschlag kommt nur selten vor.

Die Landwirthschaft wird im Dreifeldersystem emsig gepflegt; der Flander- und Suppinger-Pflug haben den deutschen beinahe ganz verdrängt, und zwei der Gemeinde gehörige Walzen werden häufig benützt. Außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln wird zur Besserung des Bodens Gips, etwas Compost, besonders aber die Jauche angewendet; letztere wird allgemein benützt, und beinahe sämmtliche Düngerstätten sind mit einer Einrichtung zum Ansammeln derselben versehen.

Dinkel, Hafer, Gerste kommt vorzugsweise – und außer diesen noch ziemlich viel Einkorn und Wicken zum Anbau; unter den Hafer werden allgemein Ackerbohnen gemischt, und in der zu 1/3 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen, Ackerbohnen, Kohlraben, Erbsen, Linsen, etwas Reps, Mohn, Welschkorn und Hanf, letzterer für den eigenen Bedarf. Hopfen wird seit etwa 10 Jahren mit gutem Erfolg, jedoch nicht ausgedehnt, gepflanzt, und in neuester Zeit werden die Kartoffeln häufig durch die Riesenmöhre ersetzt. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 7 Sri. Dinkel, 5 Sri. Hafer, 3 Sri. Gerste und 5 Sri. Einkorn; Roggen wird nur um des Bindstrohs willen gebaut. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beträgt 8–9 Scheffel Dinkel, 5–6 Scheffel Hafer, 6–7 Scheffel Gerste und 7 Scheffel Einkorn. Früchte werden sehr viel nach Außen – besonders nach Tübingen – Gerste häufig nach Böblingen verkauft. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 50–400 fl.

Der Wiesenbau ist sehr gut und ziemlich ausgedehnt; die durchgängig zweimähdigen Wiesen, übrigens ohne Wässerung, werden äußerst reichlich gedüngt und liefern daher per Morgen 30 Centner Heu und 15 Centner Öhmd. Ein Morgen Wiese wird mit 200–400 fl. bezahlt.

Der Weinbau, ehemals in der Ammelshalde, in der Schweingrube, am Klotzberg, im Thurm und im Horn getrieben, ist längst abgegangen[1], dagegen hat sich die Obstzucht namhaft gehoben; es werden hauptsächlich Fleiner, Luiken, Reinetten, Lederäpfel, Spießlinger, Kläpperäpfel, Knausbirnen, Kohlbirnen, Bogenäkerin, Wadelbirnen, Wolfsbirnen und etwas Bratbirnen gezogen. Von Steinobst pflegt man Kirschen und sehr viele Zwetschgen. Das Obst wird theils gemostet und gebrannt, theils auswärts verkauft.

Die sehr beträchtliche Rindviehzucht beschäftigt sich im


  1. Nach dem Landbuch von 1623 hatte Gültstein eine Kelter.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_196.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)