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der Gemeinde um jährlich 60 fl. und der Nutznießung von zwei Morgen Wiesen hält, nachgezüchtet. Von den Einwohnern wird auf benachbarten Märkten ziemlich lebhaft mit Vieh gehandelt.

Schweinezucht wird nicht betrieben und Geflügel nur für den eigenen Bedarf gehalten.

Von den Gewerben im Dorf sind nur zwei Schildwirthschaften und zwei Kramläden zu nennen.

Vicinalstraßen gehen nach Oberndorf, Reusten und Unter-Jesingen.

An Waldungen erhielt die Gemeinde vom Staat im Jahre 1820 für eine Schönbuchsgerechtigkeit 88 Morgen, von denen 1/3 mit Forchen kultivirt wurde; dermalen liefern dieselben alle 2–3 Jahre etwa 2700 Stücke Wellen oder 4–6 Klafter Holz, welche an die Bürgerschaft vertheilt werden. Überdieß besitzen noch 2/3 der Gemeindeangehörigen etwa 80 Morgen Privatwaldungen, so daß einem Bürger 1/4–2 Morgen zukommen. Etwa 60–70 Morgen Weiden, welche nebst der Brach- und Stoppelweide zur Schäferei verpachtet sind, tragen jährlich mit Einschluß der Pferchnutzung gegen 800 fl., wovon die Gemeinde 7/9, die übrigen 2/9 aber die Gutsherrschaft bezieht. Die Gemeindepflege erzielt überdieß aus Gemeindegütern jährlich etwa 110 fl. Pacht.

Übrigens siehe über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt Tab. III.

Bis zur Ablösung hatte die freiherrlich v. Ulm’sche Grundherrschaft und der Staat Gefälle zu beziehen. Letzterer bezog den großen Zehenten; den kleinen Zehenten hatte derselbe abwechslungsweise mit der Pfarrei.

Auf den Schloßäckern, einer Anhöhe nördlich vom Ort, von der man eine äußerst freundliche Aussicht genießt, stand die Burg Ober-Poltringen, die vor etwa 70 Jahren vollends abgetragen wurde.

Nördlich dieser Stelle auf den sogenannten Steinäckern, auch Enderleshaus genannt, finden sich Spuren eines römischen Wohnplatzes (s. hier den allg. Theil).

Der Ort, welcher als Boltringen im Jahre 1191 erstmals vorkommt, auch Oberkirch hieß (Oberkirch sive Poltringen Urk. von 1299 Juni 22, Schmid 56), gehörte den Pfalzgrafen von Tübingen und hatte der Hauptsache nach gleiche Schicksale mit Oberndorf.

Von hiesigen Ortsadeligen erscheinen Heinrich Zeuge Pfalzgraf Rudolfs von Tübingen bei der Stiftung des Klosters Bebenhausen den 30. Juli 1191 (Schmid Urk. 7), Wolpot und Conrad als Zeugen Pfalzgraf Wilhelms von Tübingen den 9. Juni 1236.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_280.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)