Seite:OANeckarsulm0049.jpg

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diese Stätte sich Erinnerungen an den Kampf und Sieg des Christenthums gegen das Heidenthum knüpfen: der römische Votivstein an der Südseite der Kapelle ist uns ein redender Zeuge. Eine entzückende Aussicht lohnt unsere Mühe: hinauf dringt der Blick ins Neckarthal gegen Jagstfeld und Wimpfen, hinab zur Brücke von Neckarelz und zum Obrigheimer Schlößchen. Drei Neckarburgen erblickt man von hier: links der malerische Ehrenberg, gerade gegenüber der ernst dareinschauende Guttenberg, der Edlen von Gemmingen alter Stammsitz, die romantische Stätte, die unser schwäbischer Dichter Hauff in dem „Bilde des Kaisers“ so anmuthig schildert; rechts Hornberg, die alte Burg des Ritters mit der eisernen Hand. Nach Norden schließt ein Kranz von Wäldern die Aussicht, überragt im Hintergrund von den blauenden Kuppen des Odenwalds. – Horch, da schlägt vom Thal herauf ein Ton an unser Ohr, gewaltig und schaurig: von Neckarzimmern pustend, dampfschnaubend und klappernd wälzt sich das Neckarschleppschiff durch die Fluthen herauf und schleppt eine lange Reihe schwerbeladener Frachtschiffe mit sich zu Berg.

Von Gundelsheim nach Osten uns wendend, gewinnen wir auf der am Kalvarienberg und der Kreuzkapelle hinaufführenden Steige die Höhe, von der der Hof „Hohschön“ weit hinaus in das Unterland blickt; und gelangen über die von Süden nach Norden auf die Wasserscheide führende Römerstraße, die Dallauerstraße, in das versteckt liegende Tiefenbach, und hinab am gleichnamigen Bache zu der einsam im schmalen Wiesengrund gelegenen Müßigmühle, von der aus wir ostwärts den scharf abfallenden Höhenzug gewinnen, der zwischen dem Tiefenbach, der Jagst und der Schefflenz gegen Süden sich einzwängt, und auf seiner höchsten Stelle halten wir Rast an der Höchstberger Kapelle, geweiht der h. Maria zum Nußbaum. Es wird uns zu Muth, als blickten wir hier von der Zelle eines Einsiedelmannes hinaus in die da drunten so weit sich dehnende lachende Welt. Nach Osten und Südosten schauen wir tief hinab in die saftigen Wiesenthäler der Schefflenz und Jagst, die der jenseitige Wald begrenzt; und ferne im Osten, von den im Strahl der Abendsonne glänzenden Fenstern des Waldenburger Schlosses gegen Süden über die Löwensteiner Berge, den Scheuerberg, Wartberg, Schweinsberg und Asberg bis in das offen vor uns liegende Neckarthal, worin Neckarsulm und Heilbronn mit seinem phantastischen Kiliansthurm ganz nahe gerückt erscheint.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 049. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)